zum Hauptinhalt
Die Zeit läuft. Diese Tafel in der Nähe des Times Square in New York zeigt den Schuldenstand der USA an. Den Parteien bleibt nur noch eine gute Woche für die Einigung.

© dpa

Schuldenkrise: Investoren fürchten Staatspleite der USA

Die Griechenland-Krise ist vorläufig beigelegt – nun fürchten Investoren die weitaus größere Staatspleite.

Berlin - Nach der vorläufigen Beilegung der Schuldenkrise in Europa richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger an den Finanzmärkten auf die USA. Um sich gegen möglich Kurseinbrüche am Aktien- und Anleihemarkt zu wappnen, schichteten sie am Montag ihr Kapital in als sicher geltende Anlagen um. Eine Feinunze Gold kostete zeitweise 1621 Dollar – so viel wie noch nie. US-Aktien wurden zum Handelsstart an der Wall Street verkauft, auch der Dax notierte zunächst schwächer und fiel bis auf 7260 Punkte. Im Tagesverlauf holte er wieder auf.

Weil es Demokraten und Republikanern bislang nicht gelungen ist, einen Kompromiss im Schuldenstreit zu finden, mussten die Verhandlungen am Montag fortgesetzt werden. Die Zeit wird knapp: Um eine Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt zu vermeiden, muss bis zum Dienstag in einer Woche die gesetzliche Schuldengrenze von 14,3 Billionen Dollar angehoben werden. Scheitert dies, kann die US-Regierung ihre Rechnungen nicht mehr begleichen. Auf dem Spiel steht zugleich das Top-Rating „AAA“ für die USA als einen der zuverlässigsten Schuldner der Welt.

„Nach dem Wochenende scheint das Unmögliche doch möglich zu werden“, befürchten die Experten der HSH Nordbank. Die USA könnten vom 2. August an tatsächlich Probleme bekommen, allen Verpflichtungen nachzukommen. Derzeit zeichne sich kein Kompromiss zur Erhöhung der Schuldengrenze ab. Außerdem gebe es keine Hinweise auf ein langfristig angelegtes Programm zur Konsolidierung der US-Staatsfinanzen.

Experten warnten jedoch vor Panikmache. Der Amerika- Experte der Commerzbank, Bernd Weidensteiner, geht nicht davon aus, dass sich die Anleger bei einer Nicht-Einigung am kommenden Montag sofort aus US-Staatsanleihen zurückziehen würden. „Wo will der Anleger denn sonst hin?“, fragte Weidensteiner. Anders als in Griechenland stehe die langfristige Zahlungsfähigkeit der USA nicht infrage. Das Land habe nach wie vor ein langfristiges Wachstumspotenzial. Zudem habe die US-Notenbank die Möglichkeit, Anleihen aufzukaufen und so einen Kursabsturz zu verhindern. „Das ist immer noch der liquideste und sicherste Markt der Welt“, behauptete Weidensteiner.

Auch Lutz Röhmeyer, Direktor im Fondsmanagement der LBB Invest, sieht keine Crash-Gefahr und hält den Schuldenstreit in den USA für ein „politisches Sommertheater“. Die Regierung und die Notenbank hätten „noch einige Möglichkeiten, um den Ernstfall hinauszuzögern“ – etwa durch den Verkauf von Vermögenswerten sowie eine Stundung von Pensionszahlungen. Außerdem seien die Steuereinnahmen höher als erwartet ausgefallen. Obwohl der Dollar unter Druck stehe, hätten Investoren überdies keine Alternativen: „Weder der Euro oder das Pfund noch der chinesische Yuan sind als Weltreservewährungen geeignet.“

Nichtsdestotrotz zeigen die Marktreaktionen, dass Anleger eine Zahlungsunfähigkeit fürchten. Die USA finanzieren 60 Prozent ihrer Ausgaben mit Steuereinnahmen, 40 Prozent der Summe müssen sie sich leihen. Würden die Ratingagenturen die Bonitäts des Landes wie angekündigt herunterstufen, würde es für die USA teurer, neue Schulden aufzunehmen, wenn Anleihen auslaufen. Pensionsfonds oder Versicherungen, die nur in Anlagen mit besten Ratings investieren, müssten die Anleihen verkaufen. „Das würde die Anleihekurse drücken und die Renditen steigen lassen“, sagte Fondsmanager Röhmeyer.

Könne die Regierung kein Geld mehr aufnehmen, glaubt Bernd Weidensteiner, hätte die Rückzahlung der Schulden wohl Priorität, genau wie die Rentenzahlungen und andere Sozialausgaben. Gestrichen werden müssten aber die Gehälter der Beamten und der Soldaten sowie alle anderen Investitionen. Das aber würde die ohnehin angeschlagene US-Wirtschaft und die Weltwirtschaft empfindlich belasten. „Das kann niemand wollen“, sagte Weidensteiner.

Seit der Lehman-Pleite 2008 kommt die US-Wirtschaft nicht mehr richtig in Schwung – trotz milliardenschwerer Konjunkturprogramme. Der Arbeitsmarkt und der Immobilienmarkt sind die größten Sorgenkinder. Wie es um die US-Ökonomie steht, werden in dieser Woche Daten vom Häuser- und Arbeitsmarkt zeigen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false