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Schuldenkrise: Irland will keine EU-Hilfe beantragen

Das hochverschuldete Irland will kein Geld von der EU - doch die Euro-Staaten bleiben besorgt. In Brüssel suchten die Finanzminister nach Wegen, das marode Bankensystem des hochverschuldeten einstigen "keltischen Tigers" zu stützen.

Irland schlüpft nicht unter den europäischen Rettungsschirm. "Irland hat keinen Antrag auf fremde Hilfe gestellt", sagte Premier Brian Cowen am Dienstag in Dublin. Dennoch streiten die Euro-Länder über Hilfe für die hochverschuldete Insel. Einige Staaten dringen darauf, das marode irische Bankensystem zu stützen. Ihre Sorge: Die Krise könnte sich sonst auf andere Wackelkandidaten wie Portugal oder Spanien ausweiten. Eine Entscheidung fiel am Dienstag auf dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel aber nicht.

"Wir sollten besser als im Fall Griechenland und vor allem schneller reagieren", sagte der österreichische Finanzminister Josef Pröll zu Beginn des Treffens. "Zu lange zu warten, wird zu teuer." Andere Staaten mahnten dagegen zu überlegtem Handeln. "Jede Regierung weiss, wie die Lage ist", wiegelte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ab. "Irland kann das besser beurteilen als die deutsche Bundesregierung." Nach Angaben von EU-Diplomaten drängt Deutschland die Iren zur Inanspruchnahme des Rettungsschirms, was wiederum andere Diplomaten bestreiten.

Der irische Finanzminister Brian Lenihan habe erklärt, dass er kein Mandat für Verhandlungen über ein Notfallpaket für sein Land habe, sagten EU-Diplomaten am Rande des Treffens. "Der Fall Irland ist damit heute durch", sagte ein EU-Diplomat. Die Beratungen zu diesem Thema seien zu Ende.

Cowen sieht Zeichen für Wirtschaftswachstum

Irland benötigt nach eigener Darstellung bis Mitte 2011 kein frisches Geld. Man habe nicht um Hilfe aus dem EU-Rettungsmechanismus angefragt, sagte Cowen. "Es ist im Interesse aller, dass wir eine glaubwürdige, wirksame und machbare Lösung finden, die die Märkte beruhigt und Vertrauen und Stabilität wiederherstellt." Dazu stehe Dublin in "anhaltenden offiziellen Kontakten mit unseren internationalen Partnern". Cowen sieht zudem bereits Zeichen für Wirtschaftswachstum in Irland.

Die EU-Kommission bestätigte, dass sie mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Irland spricht. Man wolle "Lösungen für die schwierigen Probleme in der irischen Bankenbranche finden", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Zu "Alarmismus" gebe es jedoch keinen Anlass. Nach der milliardenschweren Rettung Griechenlands hatten die Euro-Länder ein Hilfspaket für andere betroffene Länder geschnürt, das sich inklusive Gelder des Internationalen Währungsfonds auf 750 Milliarden Euro beläuft. Bevor der Fonds einspringen kann, müssen alle Euro-Länder Ja sagen.

Trotz der Beruhigungspillen durch die EU wachsen die Sorgen über Irlands Finanzdebakel. Der Absturz des "keltischen Tigers" wegen der maroden Banken hält die Märkte in Atem. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker versicherte Irland die Solidarität der Euro-Länder zu: "Falls Irland einen Antrag stellt, habe ich keinen Zweifel daran, dass die Eurogruppe Irland unterstützen wird." Für die Euro-Finanzminister ist die prekäre Finanzlage von Irland, Portugal und Griechenland seit Wochen Topthema. Sie droht für die gesamte Euro-Zone zum Damoklesschwert zu werden. Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos versicherte, sein Land werde sich weiter an den Kapitalmärkten mit frischen Geldmittel eindecken und weder die Hilfe der Europäischen Union noch des Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragen.

Hilfen werden nur an Staaten - und nicht an Banken - gezahlt

Irland könnte möglicherweise auch Geld aus dem Euro-Rettungsschirm nur für seine maroden Banken beantragen, die bis zu 50 Milliarden Euro benötigen. "Die Vereinbarungsmasse ist so, dass man das machen kann", sagte der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker in Brüssel. Details nannte er nicht. Der Euro-Rettungsschirm soll pleitebedrohten Ländern im Notfall unter die Arme greifen, wobei die Hilfen nur an Staaten - und nicht an Banken - gezahlt werden können.

Seit Wochen werden Kredite für diese Staaten teurer, weil die Risikoaufschläge für Anleihen steigen. Irland steckt in einer schweren Wirtschaftskrise und hat sich mit milliardenschweren Rettungsmaßnahmen für seine maroden Banken in Rekordschulden gestürzt. Investoren bezweifeln, dass Dublin diese zurückzahlen kann.

Nicht nur die Finanzmärkte sind nervös, auch viele Banken haben großes Interesse daran, dass Irland den Rettungsschirm in Anspruch nimmt - denn sie sind mit Milliardensummen in dem Land engagiert.

Angesichts des Streits im Euro-Raum warnte EU-Kommissar Rehn vor gegenseitigen Schuldzuweisungen und rief zur Besonnenheit auf: "Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren." Auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy forderte besseren Zusammenhalt: "Wir müssen alle zusammenarbeiten, um mit der Eurozone zu überleben, denn falls wir nicht mit der Eurozone überleben, werden wir nicht mit der Europäischen Union überleben."

Irland und Griechenland werfen der Bundesregierung vor, mit ihrer Forderung, private Anleger - vor allem Banken - an der Sanierung von europäischen Krisenstaaten zu beteiligen, die Euro-Schuldenkrise zu verschärfen. Dies habe "eine Spirale steigender Zinsen für die Länder ausgelöst, die in einer schwierigen Position sind", hatte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou geklagt. Schäuble kritisierte diese in Brüssel mit scharfen Worten: "Griechenland erfährt ja viel europäische und deutsche Solidarität, aber Solidarität ist keine Einbahnstraße, das sollte man auch in Griechenland nicht vergessen." (dpa)

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