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Griechischer Wein: Klaus Wowereit nimmt einen Schluck beim Schuldenland.

© dpa

Schuldenländer auf der ITB: Urlaub gegen die Krise

Dem griechischen Tourismuswesen droht Ungemach: Ein Drittel weniger deutsche Touristen könnten in diesem Sommer nach Griechenland fahren. Ein anderes EU-Schuldenland spürt hingegen Aufwind.

Pavlos Yeroulanos ist ein begehrter Gesprächspartner. Auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin sitzt der griechische Tourismusminister am Stand seines Landes und gibt ein Interview nach dem anderen. So viel Aufmerksamkeit wie ihm die Journalisten schenken, wünscht er sich wohl auch von den deutschen Touristen. Doch das könnte in diesem Jahr tatsächlich ein Wunsch bleiben. Rund ein Drittel weniger Sommergäste als im Vorjahr schicken die hiesigen Reiseveranstalter nach bisherigem Stand in die sonst so beliebten griechischen Urlaubsregionen. Im vergangenen Jahr hatte das durch die Schuldenkrise schwer gebeutelte Land wenigstens Trost in der wachsenden Zahl an Touristen gefunden. Nach einem Dämpfer im Jahr 2010 kamen wieder mehr Menschen nach Griechenland. Genaue Zahlen legen die Hellenen an diesem Donnerstag auf der ITB vor.

Das Wachstum dürfte vor allem zwei wesentliche Ursachen gehabt haben. Bei aller ansonsten gebotenen Sparsamkeit senkte die Regierung die Mehrwertsteuer für Hotels. Die politischen Unruhen in Nordafrika mit bis dato attraktiven Urlaubszielen wie Ägypten oder Tunesien verleiteten zudem viele Europäer, lieber auf Kos als auf Djerba zu entspannen. Der Tourismus ist eine Schlüsselbranche für die Griechen – rund ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften sie damit, etwa 700 000 Arbeitsplätze hängen direkt von ihr ab. Insofern wäre ein rückläufiger Trend, wie er sich derzeit zumindest aus Deutschland andeutet, ein echter Rückschlag.

Und einer, den sich die Griechen möglicherweise selbst zuzuschreiben haben. „Ich höre von Kunden, dass sie sich nicht willkommen fühlen“, sagte etwa Tui-Deutschlandchef Volker Böttcher. Seit Wochen sorgen Berichte und Bilder über anti-deutsche Proteste in Athen und anderswo für Verunsicherung unter potenziellen Touristen. Viele Griechen machen die Bundesregierung für die Entbehrungen verantwortlich, die sie durch die EU-Auflagen zur Lösung der Schuldenkrise spüren. Von deutschen Reiseveranstaltern erhalten sie – nicht ganz uneigennützig – Unterstützung. „Die Griechen sind verzweifelt und warten händeringend auf Urlauber“, sagte Böttcher weiter. Und Alltours-Chef Willi Verhuven forderte gar, Berlin und Brüssel müssten sich an einer Werbekampagne für das Land beteiligen. „Wer das Urlaubsland jahrelang schlecht redet, der muss auch beim Wiederaufbau der Marke helfen“, fordert er.

Auch wenn Portugal im Zuge der Euro-Krise schnell in einem Atemzug mit Griechenland genannt wird, sieht sich Joao Sampaio e Castro nicht mit vergleichbaren Problemen konfrontiert. Der portugiesische Tourismus-Direktor zählte im vergangenen Jahr 3,3 Prozent mehr Übernachtungen als 2010 und geht davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. „Griechenland ist weit entfernt von uns – nicht nur geografisch“, sagte er dem Tagesspiegel. Die wirtschaftliche Krise kann aber auch er nicht leugnen. Bei den Buchungen für 2012 sehe es so aus, als werde sich der Inlandstourismus abschwächen. „Wichtig ist in unserer Lage, dass wir als Branche auch im Ausland Präsenz zeigen“, betont er. In der Tat: Während die Zahl der Aussteller auf der ITB in diesem Jahr niedriger ist, haben sich aus Portugal zehn Prozent mehr angemeldet. mit dpa/rtr

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