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Wirtschaft: SchwereAutos besondersgiftig

Autoindustrie wird EU-Abgasbestimmungen nicht einhalten können

Düsseldorf Die deutsche Automobilindustrie droht erneut gegen europäische Abgasbestimmungen zu verstoßen. Nach dem Überschreiten der zulässigen Feinstaubwerte in mehreren Großstädten wird es den Autobauern Experten zufolge auch nicht gelingen, die ab 2008 für die Branche gültige Obergrenze für den Ausstoß von Kohlendioxid einzuhalten. „Alle deutschen Hersteller liegen zurzeit deutlich über den geforderten Werten“, warnt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Bleibt es dabei, will die EU-Kommission modellbezogene Verbrauchssteuern einführen. Das könnte die Absatzkrise der Autoindustrie verschärfen. Die europäische Autoverband ACEA hatte der EU-Kommission zugesagt, den so genannten Flottenausstoß von Neuwagen auf 140 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer zu senken. Davon sind die deutschen Autohersteller aber weit entfernt. Bis 2012 sollen die Emissionen sogar auf 120 Gramm reduziert werden.

Werden die Ziele nicht erreicht, sieht sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) in seiner „Skepsis gegenüber Selbstverpflichtungen der Industrie bestätigt, wenn sie nicht mit Sanktionen verbunden sind. Sollte die CO2-Obergrenze nicht eingehalten werden, muss man über andere Lösungen nachdenken“, sagte Trittin dem Handelsblatt.

Der kleinste Motor des neuen VW Passat etwa stößt ebenso wie der BMW 320i bis zu 187 Gramm des Treibhausgases aus. Die neue M-Klasse von Mercedes bringt es auf 250 Gramm. Über die gesamte Modellpalette erreicht VW gerade 169 Gramm, BMW liegt über 200 Gramm, Mercedes knapp darunter. Porsche kommt sogar auf 305 Gramm. Den Konzernen ist die Brisanz des Problems bewusst. Ein VW-Sprecher räumte ein, dass die Einhaltung der ab 2008 geltenden Obergrenze „ein sehr anspruchsvolles Ziel ist“. Daimler-Chrysler wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Optimistisch zeigte sich nur ein BMW-Sprecher: „Wir werden über die Optimierung des Verbrennungsmotors die Ziele erreichen.“

Ein erhebliches Hindernis für die deutschen Konzerne, den Kohlendioxidausstoß spürbar zu verringern, ist das steigende Gewicht der Autos. Vor zwanzig Jahren wog ein VW-Golf noch 750 Kilogramm, heute sind es 1150 Kilo. Verantwortlich hierfür sind nicht zuletzt gestiegene Komfort- und Sicherheitsbedürfnisse der Kunden. Mittlerweile gehören in fast jedem Kleinwagen Antiblockiersysteme, Airbags und Klimaanlage zur Serienausstattung. Darüber hinaus verhageln die beliebten Geländewagen die Kohlendioxid-Bilanz der Hersteller. Die Geländewagen sind zum Teil mehr als zwei Tonnen schwer und benötigen entsprechend starke Motoren, die viel Kohlendioxid ausstoßen. Kohlendioxid lässt sich, anders als Schadstoffe wie Schwefeldioxid oder Feinstaub, nicht filtern.

Bisher ist es den deutschen Herstellern im Wesentlichen nur gelungen, den Kohlendioxidausstoß durch verbrauchsarme Dieselmotoren zu senken. Diese emittieren durchschnittlich zehn bis 15 Prozent weniger Treibhausgas als vergleichbare Benzinmotoren. Doch „selbst wenn alle deutschen Hersteller auf Diesel umstellen, werden sie die Vorgaben bis 2008 nicht schaffen“, sagt Autoexperte Dudenhöffer. fas/fo/HB

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