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Wirtschaft: Schwierige Jahre für den Musterknaben

Bayern fällt im Vergleich der Bundesländer zurück – spektakuläre Pleiten kosteten den Freistaat Milliarden

München. Der bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) spricht gerne in Superlativen. Vor der Landtagswahl hat er die wirtschaftlichen Erfolgsdaten bei jeder Gelegenheit wiederholt: Deutschlandweit höchstes Bruttoinlandsprodukt, zweitniedrigste Arbeitslosenquote, Höchstwerte beim Export, höchste Investitionsquote im Staatshaushalt und niedrigste Staatsverschuldung. Bei seinen Datenkolonnen beruft sich Wiesheu meistens auf Durchschnittswerte der vergangenen zehn Jahre. Wie die Bilanz in den letzten beiden Jahren aussieht, verschweigt der Minister lieber. Denn da schneidet der einstige Musterknabe längst nicht mehr so glänzend ab.

Die stagnierende Weltwirtschaft und das Ende des New-Economy-Booms haben die Bayern, die mit ihrem Motto „Laptop und Lederhose" immer noch gerne für ihren Spagat zwischen Fortschritt und Tradition werben, weit zurückgeworfen. Eine McKinsey-Studie hatte Bayern kürzlich Mittelmaß in der Wirtschaftsdynamik attestiert. Bei dem Länder-Ranking, in dem Standortfaktoren wie Arbeitskosten, Infrastruktur und Produktivität die Hauptkriterien waren, landet der Freistaat nur noch auf Platz Acht – nach Ländern wie dem Saarland, Bremen und Sachsen.

Auch bei der Arbeitslosenquote ist Bayern abgesackt: Zwar liegt das Land mit einer Gesamtquote von 6,7 Prozent bundesweit immer noch auf Platz zwei hinter Baden-Württemberg. Allerdings mussten die Bayern in den vergangenen zwölf Monaten mit 14,2 Prozent die zweithöchste Zuwachsrate im gesamten Bund verbuchen. Unbestritten ist auch bei der Opposition, dass der Freistaat in vielen Bereichen große Stärken hat. Besonders bei der Schul- und Hochschulbildung sowie den Investitionen ist Bayern nach wie vor eine Macht.

Die Opposition von SPD und Grünen lastet der Stoiber-Truppe aber das extrem starke Nord-Süd-Gefälle an: Während südliche Bezirke wie Freising mit den niedrigsten Arbeitslosenquoten im Bundesgebiet (unter fünf Prozent) aufwarten können, liegen nördliche Bezirke wie Hof über zehn Prozent. Versuche der CSU, den strukturschwachen Norden zu stärken, schlugen fehl. So entschied sich der Autohersteller BMW bei seinem neuen Werk für den Standort Leipzig anstatt für Hof. Jetzt räche sich, dass die CSU so viel Geld in ihre Hightech- und Zukunftsoffensive gesteckt habe. Viele der hoffnungsvollen Unternehmen in der Biotech-, Medien- und IT-Branche kämpfen ums Überleben. Auch die Pleiten von Kirch, Fairchild Dornier, Grundig und der Maxhütte machten der CSU zu schaffen: Sie kratzten nicht nur am Sauberimage, sondern rissen auch ein gewaltiges Loch in die Staatskasse: Allein die Kirch-Pleite kostete rund eine Milliarde Euro. Die Pleiten der Maxhütte und der staatlichen Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) verschlangen etwa eine halbe Milliarde Euro.

Die Grünen und die SPD freut es: Sie geißeln seit langem den Staatsinterventionismus der bayerischen CSU. „Allmählich müsste die CSU doch merken, dass es den Unternehmen nichts nützt, wenn die Partei Feuerwehr spielt", sagt ein SPD-Mann. Damit schneide sich die CSU bloß ins eigene Fleisch.

Nicole Adolph

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