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Zu wenig Nachwuchs? Bei ostdeutschen Chemiebetrieben läuft es derzeit nicht so gut.

© dpa

Schwieriger Standort: Chemie im Osten fehlen die Bewerber

Die Chemieindustrie in den östlichen Bundesländern leidet unter den Folgen der europäischen Schuldenkrise. Gleichzeitig bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt.

Die ostdeutsche Chemieindustrie stimmt sich auf ein schwieriges Jahr ein. Von einer neuen Krise wolle man nicht sprechen, die Stimmung habe sich aber verschlechtert, teilten die Chemieverbände Nordost am Dienstag in Berlin mit. Die Vereinigung vertritt rund 320 Chemie- und Pharmaunternehmen in Ostdeutschland. So rechneten einer Mitgliederumfrage zufolge nur noch 36 Prozent der Firmen der Branche 2013 mit mehr Umsatz, im Frühjahr waren es noch 44 Prozent. Die Chemieverbände selbst gehen von einer schwarzen Null aus.

Daher planen die Unternehmen offenbar vorsichtiger: Nur 19 Prozent der befragten Firmen wollen 2013 neue Stellen schaffen, vor sechs Monaten hatten noch 24 Prozent dies beabsichtigt. Ihre Investitionen wollen nun nur noch ein Fünftel der Firmen aufstocken, im Frühjahr hatten das noch knapp 40 Prozent geplant.

Zu spüren bekommt die Chemieindustrie die Krise schon länger. Im dritten Quartal ging der Umsatz der Branche im Osten im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro zurück. Die Firmen exportierten in erster Linie ins europäische Ausland. „Wichtige Abnehmerländer wie Frankreich stagnieren“, sagte Dieter Hübl, Vorsitzender des Landesverbands Nordost beim Verband der Chemischen Industrie. Der Export ins außereuropäische Ausland gleiche den Rückgang in der EU nur zum Teil aus. Allerdings profitiert die Branche im Osten von einem hohen Pharmaanteil. Das Geschäft mit Arzneimitteln, das als konjunkturunabhängig gilt, macht gut 40 Prozent des Branchenumsatzes aus – fast doppelt so viel wie in ganz Deutschland.

Ein Indikator für die sich verschlechternde Stimmung ist auch der Rückgang bei der Zeitarbeit. So gaben die befragten Firmen an, dass sie 2012 ihre Stammbelegschaften gehalten und zum Teil ausgebaut hätten. Die Zahl der Zeitarbeiter, die häufig bei hoher Nachfrage eingesetzt werden, sei im Vergleich zum Vorjahr aber um 24 Prozent zurückgegangen.

Zudem leidet die Branche zunehmend unter der Alterung der Bevölkerung im Osten. Zwar habe man 744 neue Ausbildungsplätze geschaffen, besetzt worden seien jedoch noch nicht einmal 700. „Wir betrachten das als Ohrfeige“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Nordostchemie, Paul Kriegelsteiner. Heute müssten sich die Unternehmen bei den Azubis bewerben. Je weiter weg man von den Zentren sei, desto schwieriger werde es, junge Menschen zu gewinnen. Einen flächendeckenden Fachkräftemangel gebe es zwar noch nicht, sagte Kriegelsteiner. „Aber an einigen Stellen beginnt es wehzutun.“

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