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Wirtschaft: „Selbst 2050 wird Öl viel wichtiger sein“

IEA-Chef Mandil zur Rolle alternativer Kraftstoffe

Herr Mandil, ist die Strategie der EU und der USA richtig, jetzt massiv auf den Ausbau der Biospritproduktion zu setzen?

Das kommt darauf an. Im Prinzip ist das die richtige Strategie. Biokraftstoffe können eine wichtige Rolle spielen. Sie haben einen wesentlichen Vorteil: Sie sind flüssig und für den Autotank geeignet. Alle anderen Alternativen zu Öl sind Gase – ob nun verflüssigtes Erdgas oder Wasserstoff – und damit deutlich aufwendiger in der Nutzung. Die einzige ernsthafte Alternative zum Öl sind also die Biokraftstoffe.

Gilt das für alle Arten von Biosprit?

Man muss zwei Probleme im Hinterkopf behalten: die Wettbewerbsfähigkeit bei den Produktionskosten im Vergleich zum Erdöl und die Einsparung von CO2-Emissionen. Beim heutigen Stand der Technik ist nur ein alternativer Kraftstoff wettbewerbsfähig: Bioethanol, das in tropischen Ländern aus Zuckerrohr gewonnen wird. Alle anderen sind sehr teuer und brauchen Subventionen, die letztlich die Verbraucher zahlen müssen.

Was kann die Politik dann besser machen?

Aus meiner Sicht sind die Ziele für den Biosprit-Anteil am Kraftstoffverbrauch etwas überambitioniert. Es wäre besser, weniger ehrgeizige Ziele vorzugeben und mehr Geld in die Forschung und Entwicklung zu stecken. Denn die Kosten könnten sicher gedrückt werden.

In welche Richtung sollte geforscht werden?

Es könnte einen technischen Durchbruch geben, so dass die gesamte Pflanze genutzt werden kann, nicht nur Teile wie heute.

... also wie bei der verflüssigten Biomasse, dem BTL, auf das Deutschland setzt?

BTL ist nicht die einzige Möglichkeit. Die Technik ist sehr energieintensiv. Es wird auch mit Gärung experimentiert. Der Einsatz von ganzen Bäumen, Holzabfällen und Stroh wäre im Vergleich zu Mais und Raps, die heute eingesetzt werden, kostengünstiger und würde deutlich mehr CO2 einsparen. Außerdem würde der Wettbewerb mit der Nahrungsmittelproduktion schwächer.

Wie wichtig sind Biokraftstoffe denn überhaupt bei all diesen Einschränkungen?

Es dürfen in der Öffentlichkeit keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Biokraftstoffe werden eine Rolle spielen. Aber wenn sie zehn Prozent des Ölbedarfs ersetzen werden, wäre das schon gut. Bei einem technischen Durchbruch könnte es mehr sein. Selbst im Jahr 2050 wird aber Erdöl immer noch viel wichtiger sein als Biokraftstoffe. Das Produzieren von Ölersatz ist jedoch nicht der einzige Weg.

Sondern?

Die Effizienz zu erhöhen und Verbrauch einzusparen, ist viel billiger.Das Interview führte Bernd Hops.

Claude Mandil (65)

ist seit 2003 Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris.

Der Franzose arbeitet bereits seit mehr als 30 Jahren in der Energiebranche.

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