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Senatorin Junge-Reyer: "Berlin ist besonders geeignet"

Die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer lässt in Steglitz testen, wie sich E-Autos in der Stadt machen.

Frau Junge-Reyer, Sie haben Steglitz-Friedenau gerade zum Innovationslabor Elektroverkehr erklärt. Was soll das bringen?

Die Förderung von Elektromobilität ist nicht nur eine Frage der Technik – es geht auch um die Möglichkeit, mit E-Mobilität die Organisation des Verkehrs zu verbessern und zwar nicht nur für Pkw, sondern auch im Lieferverkehr. Aber wenn jeweils nur wenige Fahrzeuge in Pankow und in Steglitz fahren, dann nimmt das niemand wahr und es ist schwierig, die Vorteile zu untersuchen. Deswegen wollen wir mit hoffentlich vielen Fahrzeugen Erfahrungen hier in Steglitz gezielt auswerten.

Und was heißt das ganz konkret?

Wir wollen in Berlin zeigen, dass es besonders in den Geschäftsstraßen möglich ist, den Lieferverkehr mit Elektrofahrzeugen zeitlich zu entzerren. Sei es, dass man die Lieferanten ermutigt, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen oder dass sich vielleicht der ein oder andere große Betrieb selbst solche Fahrzeuge anschafft.

Welche Vorteile hätte das?

Wir haben in Berlin in den Geschäftsstraßen ja ganz bewusst darauf geachtet, dass man dort wohnen kann, dass es Orte für Leben, Arbeiten, Einkaufen und Kultur sind. Das bedeutet, dass die Frage der Umweltbelastung durch Lärm, aber auch die Frage der Belastung durch Verkehr in diesen Geschäftsstraßen eine große Rolle spielt. Hier können Elektrofahrzeuge einen Beitrag leisten. Und für die Anwohner bringen solche Fahrzeuge Vorteile, weil man sie praktisch nicht hört.

Wie können Sie denn Anreize für Unternehmen schaffen, sich daran zu beteiligen?

Wir können einem Unternehmen keine unmittelbare Förderung geben. Aber wenn wir es schaffen, dass sich in einer Geschäftsstraße verschiedene Händler zusammentun und sagen: Bei uns kann schon zwischen sechs und sieben Uhr morgens geliefert werden, dann belastet das nicht den üblichen Lieferverkehr, der überwiegend zwischen neun und elf stattfindet. Und es belastet auch nicht den Berufs- und den Einkaufsverkehr. Und die Anwohner bemerken die Vorteile von E-Fahrzeugen. Das ist im Grunde auch ein Verkehrs- und Umweltmanagement für Geschäftsstraßen.

Was halten Sie von anderen Maßnahmen, wie beispielsweise der Einrichtung einer besonderen Spur für Elektroautos als Anreiz?

Wir haben bei der letzten Verkehrsministerkonferenz das Bundesministerium gebeten, solche Diskussionen bundesweit zu führen. Dazu bedarf es der Änderung von gesetzlichen Vorschriften. Ich habe Verkehrsminister Ramsauer aufgefordert, diese Diskussion intensiv zu führen, zum Beispiel eine Kennzeichnung der Elektrofahrzeuge einzuführen. Sonst können solche Privilegien nicht in Anspruch genommen werden.

Warum sollte Berlin eine der Schaufensterregionen für Elektromobilität werden, die die Bundesregierung nun einrichten will?

Berlin ist besonders geeignet, weil hier Hersteller, Speditionen und wissenschaftliche Forschung sehr nah beieinander sind. Das ist ideal, um Zukunftsvisionen auszuprobieren.

Dann versuchen Sie sich doch mal als Visionärin: Wie wird die Stadt in 50 Jahren aussehen?

Ich glaube, dass wir dann die heutigen Antriebe für Autos und Lkw mit Benzin, mit Diesel kaum noch benötigen werden. Ich glaube, dass wir Elektroantriebe in den nächsten zehn Jahren nicht nur bei privaten Pkw sehen werden, sondern zunehmend auch bei kleinen Kraftfahrzeugen im Lieferverkehr. Wir werden weniger Schwerlaster haben in der Stadt und mehr intelligente Logistik. Die Waren werden von der Bahn und dem Schiff vor der Stadt oder in städtischen Logistikzentren auf kleinere Lieferfahrzeuge umgeladen, die elektrisch betrieben die Stadt sicher versorgen, aber keinen Lärm, keinen Feinstaub und keine C02-Emissionen mehr verursachen. Und das, glaube ich, macht die Städte und die Zentren, die ein hohes Verkehrsaufkommen haben, weil Waren geliefert und Güter transportiert werden müssen, lebendiger und gesünder.

Das Gespräch führte Anke Myrrhe

Ingeborg Junge-Reyer, 64, ist seit 2004 Senatorin für Stadtentwicklung in Berlin. Kürzlich erklärte die SPD-Senatorin Steglitz zum Innovationslabor für Elektromobilität.

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