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Ein Kugelschreiber ist neben einem Überweisungsträger mit der Aufschrift "Sepa" zu sehen.

© dpa

Sepa-Umstellung: Die Last mit der Nummer

Ab Februar 2014 werden Bankgeschäfte über das europäische Zahlungsverfahren Sepa abgewickelt. Weil viele Firmen und Vereine darauf nicht vorbereitet sind, warnen Experten vor Zahlungsausfällen.

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„Es war eine extreme Fleißaufgabe“, sagt Petra Reetz von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Für jeden der 13 000 Mitarbeiter musste das Unternehmen in den letzten Monaten die Kontoverbindung auf das neue Zahlungssystem Sepa umstellen. Sonst hätten sie ab 1. Februar 2014 ihr Gehalt nicht mehr überwiesen bekommen. „Die Mitarbeiter, die damit befasst waren, haben in den letzten zehn Monaten ganz schön rotiert“, sagt Reetz. Rainer Knauber von der Berliner Gasag berichtet Ähnliches. Rund 1000 Arbeitstage hätten die Mitarbeiter an der Umstellung von EDV und Kontosystem gearbeitet, 700 000 Kontoverbindungen mussten sie umrechnen.

Für große wie kleine Unternehmen ist die Umstellung auf das europäische Zahlungssystem Single Euro Payment Area, kurz Sepa, eine Herausforderung. Die alten, nationalen Zahlungssysteme haben ab 1. Februar 2014 ausgedient. Statt der bislang in Deutschland üblichen Kontonummer und Bankleitzahl brauchen  Firmen und Vereine dann für alle Überweisungen und Lastschriften die 22-stellige internationale Kontonummer Iban. Sie gilt einheitlich in allen 28 EU-Ländern sowie der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Norwegen und Island. Nach der Einführung des Euro ist das das größte Zahlungsverkehrs-Projekt in Europa.

Großunternehmen wie die Berliner BVG sind mit der Einführung von Sepa bereits sehr weit, haben ihre Buchführungssoftware aktualisiert und die neuen Kontonummern eingetragen. Doch ein Großteil der kleinen und mittelgroßen Firmen sowie Vereine tut sich noch sehr schwer mit Sepa. Jüngsten Umfragen zufolge steht bei 20 Prozent der Firmen der Termin für die Sepa-Umstellung noch nicht einmal fest. Zehn Prozent erwarten schon jetzt, dass sie es bis 1. Februar nicht mehr schaffen werden. Lediglich 750 000 der 3,6 Millionen Unternehmen sind bislang aktiv geworden und haben bei der Bundesbank die Gläubigeridentifikationsnummer für Sepa beantragt. Bei Vereinen ist der Anteil noch kleiner.

Zahlungen können nicht rechtzeitig abgewickelt werden

Dabei bekommen all diejenigen, die die Umstellung nicht schaffen, Probleme – vor allem beim Einzug von Lastschriften. Stromanbieter können dann die monatlichen Abschläge ihrer Kunden nicht mehr einziehen, Verlage bekommen kein Geld mehr von ihren Abonnenten und Sportvereine können ihre Mitgliedsbeiträge nicht mehr kassieren. Carl-Ludwig Thiele, im Vorstand der Bundesbank für Zahlungsverkehr zuständig, warnt deshalb vor Liquiditätsengpässen ab Februar. „Zahlungen von Gehältern und anderen Leistungen können nicht mehr rechtzeitig abgewickelt werden, wenn die Zahlungsdaten nicht im Sepa-Format bei der Bank eingereicht werden.“

Mit Sepa wird ein einheitlicher Zahlungsverkehrsraum für insgesamt 32 europäische Länder mit 500 Millionen Einwohnern geschaffen. Der Sepa-Raum wird im Zahlungsverkehr damit zum Inland. Die Dimension des Projektes wird anhand der Zahlen für Deutschland deutlich: Jeden Tag laufen hierzulande zehn Millionen Überweisungen und Lastschriften über die Bundesbank. Im Euro-Raum werden jedes Jahr 35 Milliarden solcher Zahlungen abgewickelt. Sie alle müssen künftig nach dem einheitlichen Sepa-Verfahren durchgeführt werden.

Das Kürzel Sepa steht für Single Euro Payments Area - einen einheitlichen Zahlungsraum für Transaktionen in Euro. Dort werden Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen standardisiert und gleich abgewickelt - egal ob sie ins Inland oder über Grenzen gehen.
Das Kürzel Sepa steht für Single Euro Payments Area - einen einheitlichen Zahlungsraum für Transaktionen in Euro. Dort werden Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen standardisiert und gleich abgewickelt - egal ob sie ins Inland oder über Grenzen gehen.

© AFP

Dadurch sollen Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen zwischen den Ländern schneller und günstiger werden und es soll mehr Wettbewerb im Zahlungsverkehr entstehen. Auch brauchen Unternehmen, die europaweit aktiv sind, für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs dann nur noch ein Kreditinstitut. Bislang benötigten sie eine Bank in jedem der 32 Sepa-Länder, in dem sie Geschäfte betreiben. Die EU-Kommission rechnet deshalb durch die Sepa-Einführung mit Einsparungen in Höhe von 125 Milliarden Euro. Erst einmal kostet die Umstellung aber viel Geld: Die Europäische Zentralbank (EZB) schätzt die finanzielle Belastung durch die Umstellung auf zehn Milliarden Euro.

Firmen unterschätzen den Aufwand

Dabei ist das Sepa-Verfahren nicht neu. Überweisungen mit der internationalen Kontonummer Iban und dem Bankcode Bic sind bereits seit 2008 möglich, Lastschriften seit Ende 2009. Doch gerade in Deutschland haben bislang nur die wenigsten Unternehmen das neue Verfahren genutzt. Viele stellen ihren Zahlungsverkehr erst jetzt, wenn es für alle Pflicht wird, um.

Viele Unternehmen haben noch gar nichts unternommen. Und gerade in Vereinen wissen die zuständigen Kassenwarte in manchen Fällen noch nicht einmal etwas mit dem Begriff Sepa anzufangen. Dabei warnen Bankenverbände seit Monaten davor, den Aufwand für die Sepa-Umstellung zu unterschätzen. Er könne höher sein als bei der Euro-Einführung. Auch sei vielen offenbar nicht klar, dass Sepa eine gesetzliche Regelung und damit Pflicht und keine freiwillige Produkteinführung ist. Die Bundesbank hat deshalb rund drei Millionen Euro für Werbung ausgegeben, um den Deutschen „die Scheu vor der internationalen Kontonummer Iban zu nehmen“, sagt Thiele.

Verbraucher haben zwar für die Umstellung bis 2016 Zeit – aber auch sie müssen sich schon jetzt mit Iban befassen. Öffentliche Stellen wie Volkshochschulen haben bereits auf Sepa umgestellt. Wer dort die Kursgebühr überweisen will, muss auf dem Überweisungsträger die Iban eintragen. Mit der bisherigen Kontonummer wird er sein Geld nicht los.

Auch die Berliner Verkehrsbetriebe haben die Umstellung bereits fast geschafft. Die Gehälter für Oktober überweist das Unternehmen schon nach dem neuen Zahlungsverfahren. Und auch die Lastschriftverfahren der Abonnenten seien bereits fast alle umgestellt.

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