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Tauschen statt kaufen: In der Stadt Bergen wurde eine Telefonzelle zur Buch-Tauschbörse. Die Idee der Tauschbörsen ist wirklich nicht neu. Aber über das Internet kommen Anbieter und Nachfrager einfacher zusammen.

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Shareconomy: Tausch dich glücklich

Babykleidung gegen Bücher, Bohrmaschine gegen Schuhschrank. Wie man im Internet auch ohne Geld weiterkommt - nur durch tauschen.

Wohin mit dem alten Toaster, wo der neue doch so viel schicker ist? Oder mit dem Schrank, der zwar noch völlig in Ordnung ist, aber einfach nicht in die neue Wohnung passt? Mit dem Internet lassen sich solche Fragen beantworten, ohne dass Toaster oder Schrank auf dem Müll landen müssen. Eine Möglichkeit sind Tauschplattformen. Sie funktionieren nach dem Marktplatzprinzip Angebot und Nachfrage. Wie Ebay, nur ohne Geld. Statt zu bezahlen, bieten sich die Nutzer Waren im gegenseitigen Austausch an. Etwa einen Toaster gegen einen Schrank.

„Tauschen ist sicher derzeit eine Mode“, sagt Hans-Georg Häusel, Marktforscher bei der Gruppe Nymphenburg. Für einen Trend sei die Bewegung aber noch zu klein. Der Anteil von Tauschgeschäften an der Wirtschaftsleistung liege im Promillebereich. Immerhin: In einer aktuellen Studie gaben sieben Prozent der Befragten an, innerhalb der vergangenen zwei Jahre Tauschportale genutzt zu haben. Bei den 14- bis 29-Jährigen seien es sogar zwölf Prozent gewesen, heißt es in einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom. Andere Studien sehen bereits ein Viertel der Deutschen teilen und tauschen.

Tauschbörsen sind oft Gemischtwarenläden

Das Spektrum der Tauschbörsen im Netz ist breit. In Gemischtwarenläden findet sich alles Mögliche von Babykleidung über Lebensmittel bis zu Zeitschriften. Die Plattform „Tauschticket“ wirbt etwa damit, ständig mehr als eine Million Artikel in ihrer Datenbank zu haben. Andere wie „Bambali“ betonen ihre Verbundenheit mit der Idee der Tauschringe, deren Mitglieder vor allem Dienstleistungen tauschen und somit Nachbarschaftshilfe leisten. Doch auch dort lassen sich inzwischen vor allem Waren jeglicher Art tauschen und verschenken. Wieder andere Portale haben sich auf bestimmte Produkte spezialisiert. Bei „Kibabox“ können Eltern Klamotten, aus denen die Kinder herausgewachsen sind, gegen größere tauschen. Wer gern und viel am Rechner zockt, kann sich einen Teil der Kosten für die teuren Spiele sparen, wenn er sie sich bei „Game-Change.de“ besorgt. „Hitflip“ wiederum sieht sich selbst als die Plattform zum Tauschen von Filmen, Büchern und Musik.

Einige hunderttausend Nutzer machen schon mit.

Zusammen kommen die größten Anbieter auf einige hunderttausend registrierte Mitglieder. Eine Motivation fürs Tauschen ist der spielerische Charakter: Mal sehen, wer mir meinen alten Kühlschrank abnimmt und was er mir dafür bietet. Das macht Spaß, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. „Wir denken automatisch, dass Dinge, die uns gehören, mehr wert sind als die anderer Menschen“, erläutert Häusel. Bei materiellen Dingen, besonders wenn es sich um Liebhaberstücke handelt, fällt einfaches Tauschen – deins gegen meins – deshalb schwerer: weil die Frage nach dem Gegenwert mehr Gewicht bekommt. Bei immateriellen Dingen wie etwa Musik- oder Videodateien und beim Tausch gleicher Gegenstände – etwa Buch gegen Buch – gibt es diese Schwierigkeiten eher nicht.

Den Machern der Tauschbörsen ist das Phänomen durchaus bekannt. Deshalb umgehen oder ergänzen die meisten das Eins-zu-eins-Tauschen mithilfe eines Punktesystems. Wer ein Buch anbietet, bekommt beispielsweise einen Punkt. Für einen Küchenschrank gibt es 75 Punkte. So schaffen die Marktplätze Ersatzwährungen oder teilweise auch Gutscheine, die sie in Anlehnung an ihren Firmennamen Flips, Swapy-Taler oder Tickets nennen.

In der Regel fallen mindestens Portokosten an

Ganz kostenlos sind die meisten Tauschaktionen ohnehin nicht. Denn irgendwie müssen die angebotenen Artikel den Besitzer wechseln. Auf dem Postweg fallen also mindestens Portokosten an. Größere Objekte muss der neue Besitzer persönlich beim alten abholen und dafür womöglich eine längere Wegstrecke in Kauf nehmen. Und die Betreiber der Markplätze wollen schließlich auch leben. Deshalb verlangen einige Gebühren für jeden Tauschvorgang. Mit einer Höhe zwischen 50 Cent und einem Euro wie bei „Tauschticket“ oder „Hitflip“ bleiben diese Transaktionskosten zwar durchaus überschaubar. Für Tauschfreunde aus Überzeugung, die den geldfreien Handel als Alternative zum bestehenden Wirtschaftssystem sehen, dürfte dies aber schon zu viel sein. Sie finden auch gebührenfreie Angebote wie zum Beispiel „Swapy“.

Für manche steht der Umweltschutz im Vordergrund.

Neben dem spielerischen Charakter und dem kapitalismuskritischen Ansatz hat für manche Tauscher auch der Umweltschutzaspekt eine große Bedeutung. Produkte, die man selbst nicht mehr braucht, könnten für andere durchaus nützlich sein. Auf diese Weise bleiben sie im Produktkreislauf und landen nicht auf einer Müllkippe, denn sie sind eigentlich ja noch voll funktionsfähig. Auf solche umweltorientierten Kunden zielt beispielsweise Netcycler. Das finnische Unternehmen hat neben den üblichen Marktplatzfunktionen des Tauschens und Schenkens auch Spendenmöglichkeiten in sein Angebot integriert. So können die Nutzer bei ihren Geschäften gleich noch Kleinbeträge zum Beispiel an Naturschützer oder Regenwaldretter spenden.

Verschenken, was man noch im Kühlschrank hat

Auf das Geschäftsmodell soziale Verantwortung setzt auch „Foodsharing“. Über die gleichnamige Internetseite können Menschen den Inhalt ihres Kühlschranks verschenken, beispielsweise bevor sie in den Urlaub aufbrechen. Als Mitglied des Netzwerks können sie sich aber auch genauso gut eine Tüte Milch und ein Stück Käse von ihrem Nachbarn abholen, falls dieser mal für längere Zeit verreist.

Den Machern, unter anderem Stephan Kreutzberger, geht es mit dem Projekt nicht in erster Linie darum, dass Menschen weniger für Lebensmittel ausgeben müssen. Vielmehr soll es ein Signal gegen die Verschwendung von Essen sein. Mehr als 80 Kilogramm Obst, Gemüse, Milchprodukte, Brot oder Fleisch wirft jeder Bundesbürger jährlich in die Mülltonne.

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