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Ein Stück vom Opel. Auch die echten Autos des Rüsselsheimer Herstellers kann man sich teilen. Und das Angebot ist sogar offen für alle Marken.

© dpa

Sharing Economy: Teilen statt haben

Die Bohrmaschine, das Auto, die Wohnung: Wer etwas besitzt, der teilt es immer häufiger mit anderen – umsonst ist das aber keinesfalls.

Teilen, sparen und auch noch die Umwelt schonen. Was klingt wie das grüne Schlaraffenland, heißt in Wahrheit Flinkster, Airbnb oder Uber und hat mit edlen Zielen nur bedingt zu tun. Sharing Economy – die Ökonomie des Teilens – nennt sich der Trend, bei dem sich Menschen Dinge und Dienstleistungen des Alltags teilen oder leihen. Das Spektrum reicht von der Bohrmaschine über den Kühlschrankinhalt und die Versicherung bis hin zum Auto oder der Wohnung.

Was Verbraucher davon haben

Treiber sind digitale Plattformen, über die sich Angebote einfach einstellen und nutzen lassen. Ihr großer Vorteil: „Ich weiß immer, mit wem ich es zu tun habe“, sagt Maurice Shahd, Sprecher des IT-Verbands Bitkom. Wer früher eine Ferienwohnung von privat mietete, musste sich zum Beispiel durch Textanzeigen in Zeitungen quälen, den Vermieter anrufen und darauf vertrauen, dass mit dem Urlaubsdomizil alles in Ordnung war – und das alles gegen Vorkasse. Heute gibt es nicht nur unzählige Portale, über die reine Ferienwohnungen mit zahlreichen Fotos angeboten werden. Plattformen wie Airbnb oder Wimdu werben damit, dass dort Privatpersonen kurzzeitig ein Zimmer oder auch ihre gesamte Wohnung vermieten. Vor allem in großen Städten wie Berlin sind diese Angebote bei Touristen beliebt.

Ein weiterer Vorteil der Internetplattformen ist die zentrale Koordinierung. Wer beispielsweise Carsharing nutzt, kann auf der Smartphone-App seines Anbieters bequem und zu jeder Zeit sehen, wo in seiner nächsten Umgebung ein Fahrzeug zur Verfügung steht; um welches Modell es sich handelt, wie viel die Nutzung pro Minute oder Kilometer kostet, wie viel Sprit noch im Tank ist. In immer mehr großen Städten bauen Autohersteller wie BMW, Daimler, VW oder Opel eigene Flotten auf und entwickeln sich so zum Mobilitätsanbieter. Daneben gibt es auch kommerzielle Anbieter ohne Markenbindung und Nachbarschaftsmodelle. Wer weniger als 10000 Kilometer jährlich im überwiegend städtisch geprägten Raum zurücklegt, fährt unabhängigen Berechnungen zufolge günstiger als mit einem eigenen Pkw.

Der Kostenfaktor soll auch bei Fahrdienstvermittlern wie Uber eine Rolle spielen. Das US-Unternehmen behauptet jedenfalls, über seine privaten Fahrer günstiger zu sein als klassische Taxen. Diese sind allerdings auch an Transportgebühren gebunden, die von den Kommunen in Deutschland festgelegt werden, sich also von Region zu Region unterscheiden. In puncto Einfachheit stehen Taxi-Unternehmen den privaten Fahrern jedenfalls nicht nach, da auch sie inzwischen Apps für Smartphones anbieten.

Was die Anbieter davon haben

Die Anbieter der Plattformen verdienen ihr Geld über Vermittlungsgebühren, die sie entweder dem Anbieter oder dem Nutzer oder gleich beiden Seiten abnehmen. Sie sind je nach Geschäftsmodell unterschiedlich hoch. Uber nimmt zum Beispiel rund 20 Prozent vom Fahrpreis. Bei Airbnb sind es zwischen sechs und zwölf Prozent, die Übernachtungsgästen berechnet werden, der Gastgeber zahlt den Angaben zufolge drei Prozent.

Fahrdienstvermittler, Carsharing und Wohnungsplattformen sind die derzeitigen Erfolgmodelle der Sharing Economy. Das haben auch große Geldgeber erkannt. Von 2011 bis 2014 hat sich das jährliche Investitionsvolumen auf sechs Milliarden Dollar verzehnfacht, wie die Unternehmensberatung Deloitte ermittelt hat. Allein Uber, das in vielen Ländern weltweit aktiv und gleichzeitig umstritten ist, weil es sich nicht an gesetzliche Regelungen etwa zur Personenbeförderung hält, erhielt in jüngerer Zeit Milliarden Dollar für weiteres Wachstum.

Wer welche Dienste nutzt

Unter den jungen Verbrauchern hierzulande sind Fahrdienste und Carsharing tatsächlich das beliebteste Produkt aus der Welt des Teilens. Das ergab eine Umfrage der Konsumforscher von der GfK für den „Spiegel“. Nicht ganz so gefragt, aber dafür durch alle Altersklassen beliebt, sind Wohnungsplattformen. Weniger kommerziell orientierte Modelle wie Couchsurfing, bei dem die Mitglieder gegenseitig und kostenlos ihre Gastfreundschaft genießen, oder Nachbarschaftshilfe in Form geliehener Werkzeuge nehmen Verbraucher auch deutlich seltener in Anspruch. „Dennoch entwickeln sich durch die digitalen Möglichkeiten Plattformen im Schatten der Großen, wo es etwa um das Teilen von Essen oder das gemeinsame Gärtnern geht“, sagt Bitkom-Sprecher Shahd.

Worauf Verbraucher achten sollten

Obwohl nach Ansicht von Experten Transparenz einer der Gründe für die Beliebtheit der Sharing-Plattformen ist, sollten Verbraucher einiges beachten. „Wer etwa seine Wohnung anbietet, muss auf jeden Fall mit seinem Vermieter klären, ob er das überhaupt darf“, rät Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern. Zudem reglementieren manche Städte wie Berlin Dienste wie Airbnb, weil sie befürchten, dass diese Anbieter die Wohnungsnot verschärfen. Auch sollten sich Verbraucher informieren, wie sich die Plattformbetreiber bei haftungsrechtlichen Fragen verhalten – etwa wenn dem Mieter ein Regal auf den Fuß fällt oder das Carsharing-Fahrzeug in einen Unfall verwickelt wird. „Zudem stellt sich die Frage, wie lange Verbraucher noch als Privatpersonen gelten und ab wann als Gewerbetreibende“, gibt Halm zu bedenken. Hier gebe es noch keine abschließende Rechtsprechung.

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