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Wirtschaft: Sieg der Unsicheren

Die Deutschen sind zwar in großen Zahlen zur Bundestagswahl gegangen, aber eine Regierung haben sie trotzdem nicht gewählt. Der RotGrünen Regierung unter Gerhard Schröder ist der Regierungsauftrag entzogen worden, aber das konservativ-liberale Lager unter Angela Merkel hat es auch nicht auf eine Mehrheit im Bundestag gebracht.

Die Deutschen sind zwar in großen Zahlen zur Bundestagswahl gegangen, aber eine Regierung haben sie trotzdem nicht gewählt. Der RotGrünen Regierung unter Gerhard Schröder ist der Regierungsauftrag entzogen worden, aber das konservativ-liberale Lager unter Angela Merkel hat es auch nicht auf eine Mehrheit im Bundestag gebracht. Damit ist alles offen bis auf eine Tatsache: Deutschland wird über Wochen handlungsunfähig sein – und das in einer Zeit, in der es dringend eine starke politische Führung bräuchte, die die Wirtschaft – die zwar immer noch die drittgrößte der Welt ist, aber ernstlich kränkelt – wieder repariert.

Der neue Bundestag, in dem ein Patt herrscht, zeigt ein Deutschland, das ziemlich genau in zwei Hälften geteilt ist, wenn es um das zentrale Thema des diesjährigen Wahlkampfs geht: Wie man den ärgsten wirtschaftlichen Problemen des Landes am besten begegnen sollte. Niemand stellt die Diagnose an sich in Frage. Seit mehr als einem Jahrzehnt leidet Deutschland unter niedrigem Wachstum, hoher Arbeitslosigkeit und einem Sozialsystem, das immer tiefer in die roten Zahlen abfällt. Aber selten haben die beiden großen Parteien des Landes so unterschiedliche Lösungen vorgeschlagen.

Deutschland steht vor einer Phase politischer Unsicherheit. Für arithmetische Mehrheiten im Bundestag werden die unterschiedlichsten Konstellationen in Betracht gezogen; aber Umfragen zufolge wollen die meisten Deutschen eine große Koalition. Dieser Wunsch entspringt der Sehnsucht nach einer vorgeblichen Harmonie. Bei einer solchen Abneigung gegenüber Veränderungen ist es kein Wunder, dass es in diesem Land kein Wachstum gibt.

Die große Koalition erregt Besorgnis auf dem internationalen Markt und in der deutschen Wirtschaft. Es wäre eine Regierung des kleinsten gemeinsamen Nenners. Es ist nur schwer vorstellbar, wie diese Regierung gerade mit Beteiligung der Sozialdemokraten, die im Wahlkampf hart nach links abgeschwenkt sind, überhaupt irgendetwas erreichen soll.

Die Programme der beiden Parteien passen überhaupt nicht zusammen. Die Sozialdemokraten sind gegen die Positionen der Konservativen, zu denen eine Annäherung an die freie Marktwirtschaft gehört. Keine der Parteien wäre dann interessiert, diese Koalition erfolgreich zu gestalten. Sie wäre vielmehr ein Lückenprogramm, in dem sich beide Seiten lediglich für die nächsten Wahlen oder eine andere Koalition zu positionieren versuchen.

Genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sich Japan endgültig aus der Wirtschaftskrise befreien will und die Wähler Premierminister Koizumi ein klares Mandat für wirtschaftliche Reformen gegeben haben, geht Deutschland daran, die Nachfolge des asiatischen Landes als der kranke Mann der Weltwirtschaft anzutreten.

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