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Siemens: Ganswindt kann Weihnachten zu Hause verbringen

In der Siemens-Schmiergeldaffäre kann der inhaftierte Ex-Zentralvorstand Thomas Ganswindt die Weihnachtsfeiertage laut einem Zeitungsbericht zu Hause verbringen. Die Aufklärung des Skandals kann nach Ansicht eines Korruptionsexperten Monate dauern.

München/Berlin - Nach einer umfassenden Aussage Ganswindts sei ein Haftverschonungsbeschluss erlassen worden, berichtete das "Handelsblatt". Ganswindt sollte die Justizvollzugsanstalt Landsberg noch am Donnerstagabend oder am Freitag verlassen. Ganswindt ist in der Korruptionsaffäre bisher der höchstrangige Beschuldigte. Laut Medienberichten hat er in einer früheren Aussage eingeräumt, vor zwei Jahren von illegalen Provisionszahlungen erfahren zu haben. Das ganze Ausmaß sei ihm aber nicht bekannt gewesen.

Die Staatsanwaltschaft wollte sich am Donnerstag nicht zum Stand der Ermittlungen äußern. Man wolle an diesem Freitag in einer schriftlichen Erklärung über den Fall informieren, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld mit.

Die Staatsanwaltschaft geht nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass etwa ein Dutzend aktive und ehemalige Siemens-Mitarbeiter in den vergangenen Jahren rund 200 Millionen Euro veruntreut haben. Mit dem Geld sollen Schmiergelder im Ausland bezahlt worden sein.

"Aufklärung bei Siemens kann Monate dauern"

Der Korruptionsexperte Hershman geht von langwierigen Untersuchungen in der Siemens-Affäre aus. "Wir wissen noch gar nicht, wer hier Täter und wer Opfer ist", sagte Hershman dem Tagesspiegel am Sonntag. Er könne "im Moment nicht einmal sagen, welche kriminellen Delikte begangen wurden", sagte das Gründungsmitglied von Transparency International. Er wisse nur, dass Siemens selbst 420 Millionen Euro in den Bilanzen als zweifelhaft erachtet. "Wochen, vielleicht sogar Monate" könne es dauern, bis er sich einen Überblick über Fakten und Unterlagen verschafft habe. Sobald er bei seinen Untersuchungen auf Schwachstellen bei Siemens stoße, wolle er aber umgehend Empfehlungen abgeben und nicht bis zum Schlussbericht warten.

Siemens hatte den Mitbegründer von Transparency International vergangene Woche zum Berater für Korruptionsbekämpfung benannt. Hershman soll unabhängig und mit Unterstützung der Entscheidungsebenen des Unternehmens arbeiten. Den Auftrag zur Durchleuchtung der Siemens-Affäre habe er angenommen, weil die Konzernführung entschlossen sei, alle Missetäter zu finden und zur Verantwortung zu ziehen, sagte Hershman dem Tagesspiegel am Sonntag.

Schmiergeldverdacht auch in Kleinfelds Amtszeit

Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtete, während der Amtszeit von Siemens-Vorstandschef Kleinfeld seien Honorare in Höhe von 77,6 Millionen Euro an Berater der Siemens-Sparte Telekommunikation (Com) gezahlt worden, die nach Feststellung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG den Verdacht nahelegten, dass die Gelder für Bestechung eingesetzt werden.

Aufgrund der Begleitumstände bestehe für den Konzern ein "großes Risiko", dass diese Vorgänge als "Bestechungspraktiken im Ausland" einzuordnen seien, zitierte die "SZ" aus einem Sonderbericht der Prüfer für Siemens. KMPG testiert die Bilanzen des Konzerns.

KPMG-Mitarbeiter suchen seit Sommer 2006 gezielt nach verdächtigen Transfers bei Siemens. Bei ihrer Prüfung sind sie laut dem Zeitungsbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass im abgelaufenen Geschäftsjahr von Oktober 2005 bis September 2006 rund 77,6 Millionen Euro an Firmen und Geschäftsleute geflossen seien, die außerhalb der für Beraterverteräge bei Siemens festgelegten Regeln gezahlt worden seien. (tso/AFP/dpa)

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