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Wirtschaft: Siemens investiert in Deutschland

Dax-Konzern übernimmt für 1,2 Milliarden Euro den Bocholter Getriebehersteller Flender – und setzt stärker auf Windenergie

München - Der neue Siemens-Chef Klaus Kleinfeld setzt die Einkaufstour seines Vorgängers Heinrich von Pierer fort: Für 1,2 Milliarden Euro will Kleinfeld den Bocholter Getriebehersteller Flender übernehmen. Damit ergänzt Siemens seine Produktpalette in der Sparte Automatisierungs- und Antriebstechnik (A&D) und verstärkt sein Engagement auf dem Markt für alternative Energien. Flender macht ein Drittel seines Umsatzes mit Getrieben für Windkraftanlagen.

Analysten bezeichneten den Kauf, der noch von den Kartellbehörden genehmigt werden muss, als strategisch sinnvoll. Die Siemens-Aktie legte um 0,7 Prozent auf 61,40 Euro und war damit stärker als der gesamte Markt.

Der Kauf von Flender sei ein wichtiger Schritt, um das Portfolio in der Antriebstechnik ideal abzurunden, sagte A&D-Bereichsvorstand Helmut Gierse am Mittwoch. Bisher hat Siemens nur Motoren und Umrichter, aber keine Getriebe selbst hergestellt. „Mit dem Zukauf von Flender werden wir zum Komplettanbieter von industriellen Antriebssystemen“, erklärte ein Siemens-Sprecher. A&D sei nun in der Lage, seinen Kunden „Antriebssysteme aus einem Guss anzubieten.“

Siemens rechnet im weltweiten Markt für Antriebstechnik, der ein Volumen von 25 Milliarden Euro hat, mit jährlichen Wachstumsraten von etwa 2,5 Prozent. Bisher hatte Siemens Getriebe bei externen Dienstleistern zugekauft, unter anderem bei Flender.

Nach Angaben von Siemens werden alle Standorte von Flender übernommen. Es gehe nicht darum, auf der Personalseite Kosten zu sparen. Mit dem Kauf setzt Siemens stärker als bisher auf den Bereich Windenergie. Dort forciert der Konkurrent General Electric (GE) sein Engagement schon seit einiger Zeit. Im Herbst 2004 hatte Siemens den dänischen Windkraftanlagenbauer Bonus Energy übernommen und war damit neu in diesen Markt eingestiegen. Auch bei der Wassergewinnung und -aufbereitung hatte sich Siemens im vergangenen Jahr mit dem Kauf von US Filter verstärkt. Mit dem Kauf von Flender kann Siemens die Getriebe für seine Windkraftanlagen künftig im eigenen Haus bauen. Nach Expertenschätzungen hat der Markt für Windenergie derzeit ein Volumen von rund sechs Milliarden Euro und jährliche Wachstumsraten im zweistelligen Bereich.

Flender gehörte früher zur Babcock-Gruppe und ging im Zuge der Babcock-Pleite an den Finanzinvestor Citigroup Venture Capital Equity Partners. Das Unternehmen hat weltweit 6700 Mitarbeiter an 80 Standorten und produziert als einer der führenden Anbieter unter anderem Getriebemotoren und Großgetriebe für Schiffe und Windkraftanlagen. Flender setzt eine Milliarde Euro im Jahr um und macht Gewinn. A&D ist eine der Ertragsperlen des Siemens-Konzerns und machte mit seinen knapp 52000 Mitarbeitern zuletzt 8,8 Milliarden Euro Umsatz und mehr als eine Milliarde Euro Gewinn.

Analyst Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck sagte dem Tagesspiegel, es wäre begrüßenswert, wenn Siemens bei weiteren Zukäufen auch in die Solarenergie investieren würde. „Diesen Bereich halte ich für wesentlich interessanter als die Windkraft“, sagte er. Den Kauf von Flender bezeichnete Kitz als eine „gute Sache, die in die Strategie von Siemens passt“. Hypo-Vereinsbank-Analyst Roland Pitz sagte, Siemens tue gut daran, sich nicht zu stark auf einzelne Energieträger zu fokussieren. Die Übernahmen der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass Siemens sein Portfolio ausgewogen erweitere und die finanzielle Größenordnung im überschaubaren Rahmen bleibe.

Im Herbst hatte Siemens angekündigt, seinen Barmittelbestand von rund zwölf Milliarden Euro mit mehreren Zukäufen abbauen zu wollen. Neben US Filter und Bonus Energy hatte Siemens zuletzt zwei weitere Zukäufe für jeweils rund eine Milliarde Euro bekannt gegeben: Den lange Zeit umstrittenen Kauf des österreichischen Industriekonzerns VA Tech und den Kauf des Medizintechnik-Unternehmens CTI Molecular Imaging. Neben der Energieerzeugung ist die Medizintechnik der Bereich, in dem Siemens am härtesten mit GE konkurriert. Auch die Amerikaner hatten in dieser Sparte in letzter Zeit mehrere Milliarden-Zukäufe geschultert und ihr Geschäft massiv verstärkt.

Nicole Huss

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