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Peter Löscher

© ddp

Siemens-Konzern: Vorstands-Chef drückt aufs Tempo

Bei seinem ersten offiziellen Auftritt legt Konzern-Chef Peter Löscher ein „absolutes Bekenntnis zum Standort Berlin“ ab. Siemens ist der größte industrielle Arbeitgeber der Hauptstadt.

Er ist kein Siemensianer. Peter Löscher, der erste Außenstehende an der Spitze des deutschen Technologiekonzerns Siemens mit fast einer halben Million Mitarbeiter, gibt sich trotzdem redlich Mühe zu zeigen, dass er dazugehört. „Ich bin mit Siemens aufgewachsen“, sagte er an seinem vierten Arbeitstag im neuen Job. Das deutsche Unternehmen sei nämlich in seiner Kindheit der größte industrielle Arbeitgeber in seiner Heimatstadt Villach in Kärnten gewesen.

Der größte industrielle Arbeitgeber ist Siemens auch in Berlin, wo der neue Chef seinen ersten offiziellen Auftritt hat. Es ist ein Zeichen. Sein Vorgänger Klaus Kleinfeld war wohl häufiger in den USA als in Berlin. Dass er nach 20 Jahren im Unternehmen ging, ist eine der Folgen des Skandals um Schmiergelder und schwarze Kassen. Löscher steht für einen Neuanfang, und so spricht er von Vertrauen, von Wahrheit und Klarheit und von Compliance – das Wort bezeichnet die Einhaltung von Regeln und Gesetzen. Es war der Aufsichtsratschef von Siemens, Gerhard Cromme, der bei Löschers Auftritt neben ihm auf dem Podium steht, der den Compliance-Kodex für deutsche Unternehmen geschaffen hat. „Siemens stand und muss stehen für Spitzenleistung mit hohem ethischen Anspruch“, sagt Löscher. Und damit auch jeder versteht, dass künftig gar nicht mehr gemauschelt wird, fügt er hinzu: „Dieses Thema hat keine Grauzone.“ Eine neue Führungskultur sei nötig.

Was die Struktur des Unternehmens angeht, setzt er vorerst keine eigenen Akzente. Das Programm „Fit for 2010“ des Vorgängers sei erfolgreich und werde fortgesetzt. „Evolution mit Schlagkraft“ und eine weitere Fokussierung seien gefordert. Schon bald, im Herbst, will er sein Programm vorlegen: „Die Aufstellung der Bereiche, der Regionalgesellschaften und die Aufgaben der Zentrale“ werde er sich genau ansehen.

So sehr er auf Kontinuität setzt, ist Löscher doch ein anderer Typ als Kleinfeld. Beide sind sie Jahrgang 1957, aber der hagere grauhaarige Neue wirkt reifer und distinguiert. Statt der Stahl-Rolex Kleinfelds trägt er eine flache Armbanduhr mit schwarzem Lederarmband, und Anglizismen benutzt er kaum, obwohl auch er sein Berufsleben zu einem Großteil in den USA verbracht hat. Dass die österreichische Sprachfärbung kein Ausweis für Gemütlichkeit ist, zeigt sich an der Kälte mancher Antworten. Zum Beispiel auf die Frage nach dem Unterschied zwischen ihm und Kleinfeld: „Ich habe am 1.7. angefangen, und Herr Kleinfeld hat am 30.6. aufgehört“, sagte er nur.

Löscher will Siemens nun schnell kennenlernen. Die erste Auslandsreise wird ihn nach Indien, China und Japan führen. Seine Mitarbeiter am Wittelsbacher Platz in München kennt er schon, Erlangen – „das Herz der Organisation“, wie er sagt – hat er besucht und jetzt Berlin. Ein „absolutes Bekenntnis zum Standort Berlin“ legt er ab: Hier sei Siemens vor 160 Jahren gegründet worden, und heute sei der weltweit größte Fertigungsstandort des Konzerns voll ausgelastet. Doch auch für Siemens ist Berlin eben vor allem Hauptstadt: Löscher trifft sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Cromme, der den Wechsel bei Siemens eingeleitet und Löscher geholt hat, kündigt seine Hilfe an. Ein Sparringspartner und Berater wolle er sein, aber in den Hintergrund treten. „Ich musste öfter für Siemens sprechen, als mir lieb war.“

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