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Wirtschaft: Siemens sucht verzweifelt nach Vorstandskandidaten

Heinrich von Pierer wird „unersetzlich“ – und könnte die wichtige Informationssparte selbst übernehmen

Bei Deutschlands größtem Elektronikkonzern Siemens dreht sich das Personalkarussell: Der Aufsichtsrat muss in seiner Sitzung am Mittwoch über die Nachfolge der Vorstände Peter Pribilla und Volker Jung entscheiden, die beide seit mehr als 35 Jahren im Unternehmen sind und altersbedingt Ende September ausscheiden. Beide Posten sind von zentraler Bedeutung und sollen mit Managern aus dem Konzern besetzt werden. Doch fällt es offenbar schwer, geeignete Kandidaten zu benennen: Jung leitet die Sparte Information und Kommunikation (I & C), die zu den wichtigsten Umsatzträgern des Konzerns zählt, zuletzt aber große Sorgen bereitete. Möglicherweise wird Konzernchef Heinrich von Pierer selbst diesen Job vorübergehend übernehmen, weil die Kandidaten erst noch ihre Aufgaben erledigen müssen. Offiziell kommentiert Siemens die anstehenden Personalentscheidungen nicht.

Spekulationen über mögliche Nachfolgekandidaten gibt es aber zuhauf: Pribilla leitet den Bereich Personal und stand in den vergangenen Monaten wegen des umstrittenen Stellenabbaus in der Kritik. Seine Aufgabe soll interimistisch der 61jährige Jürgen Radomski übernehmen. Radomski ist im Zentralvorstand unter anderem für die Medizintechnik und Osram zuständig. Branchenbeobachtern zufolge muss er den Stellenabbau vorantreiben, falls die Konjunktur nicht bald wieder anspringt. Siemens hatte angekündigt, ingesamt 35 000 Arbeitsplätze zu streichen. Derzeit beschäftigt Siemens weltweit 426 000 Mitarbeiter.

Als Favoriten für die I & C-Spitze gelten die jetzigen Chefs der Netzwerksparte ICN, Thomas Ganswindt, und der Mobilfunksparte ICM, Rudi Lamprecht. Da die Sparten zum I & C-Bereich gehören, wären beide Kandidaten qualifiziert für die Jung-Nachfolge. Es gibt aber Zweifel an ihrer Berufung. Der Grund: Ganswindt habe seine Hausaufgaben bei der defizitären Sparte ICN noch nicht erledigt. Lamprecht wird vorgeworfen, dass er das Mobilfunkgeschäft nicht richtig im Griff hat. Schon deshalb erwarten einige Beobachter, dass von Pierer den I & C-Bereich vorübergehend selbst übernehmen wird. Aber auch über die Nachfolge des Konzernchefs, dessen Vertrag im September 2004 ausläuft, wird weiter gerätselt.

Die Indizien, dass von Pierer seinen Chefposten für weitere zwei Jahre behält, mehren sich. Er selbst hatte im April bei der Vorlage der Halbjahreszahlen scherzhaft damit kokettiert, dass er „zunehmend unersetzlich“ sei. Zudem gehen Beobachter davon aus, dass von Pierer sein Haus geordnet übergeben will – und dazu wird er noch eine Weile brauchen. nad

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