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Wirtschaft: Siemens VDO plant Stellenabbau

IG Metall: Unternehmen fordert Mehrarbeit und will Produktion verlagern

Berlin - Der Automobilzulieferer Siemens VDO plant Gewerkschaftsangaben zufolge bis zu 1250 der insgesamt 1600 Arbeitsplätze im Werk Würzburg abzubauen. Es drohe die gesamte Verlagerung der Produktion nach Tschechien, teilte am Montag die IG Metall mit. Nur noch Forschung und Entwicklung sowie kleinere Produktionsteile der Siemenssparte mit rund 350 Arbeitsplätzen sollen in Würzburg verbleiben. Weitere 450 Stellen könnten bei Erreichung von bestimmten Sparzielen erhalten bleiben. Ein Unternehmenssprecher wies die mögliche Verlagerung der Produktion als „reine Spekulation“ zurück.

In Würzburg stellt Siemens VDO Elektromotoren her – eine Standardkomponente, bei der es vor allem um hohe Stückzahlen geht. Bereits seit Herbst vergangenen Jahres schwelen Gerüchte um die drohende Verlagerung des Werks in ein Niedriglohnland. Am Freitag hatte die Geschäftsführung die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung über den Bau einer Produktionsstätte im tschechischen Ostrawa informiert, wie aus dem Unternehmen verlautete. Zwar schreibe das Würzburger Werk schwarze Zahlen, doch zwinge der hohe Preisdruck in der Automobilbranche zur Kostenreduzierung.

„Die Wettbewerbsfähigkeit in Würzburg muss steigen“, sagte Johannes Winterhagen, Sprecher von Siemens VDO auf Anfrage. Zu Details wollte er sich nicht äußern: „Die klären wir im direkten Gespräch mit dem Betriebsrat“.

Nach Angaben der IG Metall sollen die Kosten in den kommenden fünf Jahren um 50 Millionen Euro gedrückt werden. Erreicht werden solle dies durch längere Wochenarbeitszeiten (40 statt 35 Stunden) ohne Lohnausgleich und die Streichung von Schichtzulagen. Wie viele Arbeitsplätze in Würzburg bestehen bleiben, mache VDO vom Entgegenkommen der Mitarbeiter abhängig. „Siemens will sich vom Flächentarifvertrag verabschieden“, sagte IG-Metall Sprecher Werner Flierl. Seit der Öffnungsklausel im Tarifabschluss der Metallindustrie vom Februar 2004 können Unternehmen auch ohne wirtschafliche Not vom Flächentarifvertrag abweichen, wenn sie Arbeitsplätze garantieren.

Mit den Plänen führt Siemens die Strategie fort, alle Standorte in Deutschland auf Einsparpotenziale hin zu durchleuchten. So hatte sich Siemens im Juni 2004 nach zähem Ringen mit der IG Metall auf längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich für mehr als 4000 Beschäftigte in den nordrhein-westfälischen Handy-Werken Bocholt und Kamp-Lintfort geeinigt – nachdem der Konzern mit der Verlagerung nach Osteuropa gedroht hatte.

Um die wirtschaftliche Situation von Siemens VDO besser beurteilen zu können, hat der Betriebsrat jetzt in Absprache mit der Geschäftsführung das Saarbrücker Info-Institut als externen Berater eingeschaltet. Bis Mitte Mai würden die ersten Vorschläge und Alternativen zur Verlagerung wie etwa Prozessverbesserungen vorliegen, sagte Institutsleiter Heinz Bierbaum. Bis dahin will die IG Metall auf Streiks verzichten.

Tanja Kewes

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