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Wirtschaft: Siemens verfehlt sein Gewinnziel um Längen

DEN HAAG (dw).Heinrich von Pierer greift zum eisernen Besen: Nachdem auch das dritte Quartal "völlig unbefriedigend" verlaufen sei, will der Siemens-Chef den Konzern mit einem 10-Punkte-Programm sanieren: Unrentable Teile sollen geschlossen oder verkauft, das Geschäft umstrukturiert werden.

DEN HAAG (dw).Heinrich von Pierer greift zum eisernen Besen: Nachdem auch das dritte Quartal "völlig unbefriedigend" verlaufen sei, will der Siemens-Chef den Konzern mit einem 10-Punkte-Programm sanieren: Unrentable Teile sollen geschlossen oder verkauft, das Geschäft umstrukturiert werden.Die Börse reagierte euphorisch: Die seit Monaten dümpelnde Siemensaktie wurde zeitweise um zwanzig Prozent über dem Vortag gehandelt.

Vor allem die Entwicklung des Halbleiterbereich hat Siemens unter Druck gesetzt.Das Geschäft mit Computer-Chips wird in diesem Geschäftsjahr für einen Verlust von rund 1,1 Mrd.DM sorgen, erklärte von Pierer am Donnerstag bei der Sommerpressekonferenz des Unternehmens in Den Haag."Ohne eine grundlegende Besserung auf dem Halbleitermarkt sind unsere Konzernziele nicht erreichbar", erklärte von Pierer.

Um sich dem konzernweit geltenden Ziel einer Kapitalrendite von 15 Prozent bis zum Jahr 2000 zumindest noch anzunähern, verordnet sich das Unternehmen ein 10-Punkte-Programms mit drastischen Sofortmaßnahmen: "Wir prüfen, wie wir unsere Produktionskapazitäten bei Speicherchips nach unten anpassen können", erklärte von Pierer.Welche Standorte betroffen sind - Siemens fertigt Computerchips unter anderen in Dresden, Regensburg, München und Kalifornien - werde im Herbst entschieden.Die jüngste Chipfabrik des Konzerns soll offenbar nicht angetastet werden: "Dresden steht nicht zur Disposition", sagte von Pierer.

In den ersten neuen Monaten des laufenden Geschäftsjahres ist das Vorsteuerergebnis nur auf knapp 1,8 Mrd.DM gestiegen.Mit einem Ergebniszuwachs von fünf Prozent bei einem Umsatzwachstum von 15 Prozent könne man nicht zufrieden sein, sagte von Pierer: "Wir werden unser Ziel, im Ergebnis schneller als im Umsatz zu wachsen, nicht schaffen." Die Hauptverantwortung für das schwache Abschneiden tragen die Geschäftsfelder Halbleiter, Verkehrstechnik, Kraftwerksbau und Private Kommunikationssysteme, die knapp ein Drittel des Konzernumsatzes ausmachen.In diesen Bereichen habe sich die Finanzkrise in Asien "stärker ausgewirkt".Dazu kämen unerwartete Sonder-Effekte: "Strukturelle Veränderungen im Mobilfunkgeschäft" belasten die Kommunikationssparte, so daß "wir hier in diesem Jahr nicht den erwarteten Gewinn, sondern nur eine schwarze Null schreiben".Die Verkehrstechnik habe Schwierigkeiten bei der Abwicklung einzelner Projekte und leide unter weltweiten Überkapazitäten und hohem Preisdruck.Insgesamt, sei das Ergebnis völlig unbefriedigend: "Die aktuelle Börsenbewertung spiegelt auch die Unzufriedenheit unserer Investoren wieder." Gerade dem Börsenwert komme jedoch höchste strategische Bedeutung zu.

Um das Steuer herumzureißen, stehen "kurzfristige Maßnahmen im Halbleiterbereich" daher ganz oben auf dem 10-Punkte-Programm.Neben Kapazitätsanpassungen werde man sich künftig weg von der Produktion von Speicherchips und hin zur Fertigung von sogenannten Logikbausteinen bewegen.Eine technische Neu-Ausrichtung können "Produktivitätsfortschritte von 40 bis 50 Prozent bringen." Künftig werde jeder Konzernbereich regelmäßig geprüft: "Arbeitsgebiete, die ihre Kapitalkosten nicht erwirtschaften, stehen zur Disposition", sagte von Pierer.Der komplette Ausstieg sei möglich, aber auch, "Teile des betreffenden Unternehmens an die Börse zu bringen." Den Beweis dafür lieferte der Siemens-Chef schon gestern: Am frühen Morgen verkaufte von Pierer das Geschäftsgebiet Starkstromkabel für rund 500 Mill.DM an den Kabelhersteller Pirelli.Das Geschäftsgebiet erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr mit weltweit rund 6200 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,7 Mrd.DM.

Laut 10-Punkte-Plan will das Unternehmen den Konzern-Abschluß für das Geschäftsjahr 1999/2000 nach dem amerikanischen Bilanzierungs-Standard "GAAP" vorlegen."Damit sind wir gut gerüstet für ein Listing an der Wall Street", sagte Pierer.Der Gang an die New Yorker Börse im Jahr 2001 sei Voraussetzung dafür, "daß wir bei transatlantischen Kooperationen und Akquisitionen neue Wege beschreiten können." Insgesamt bestehe Grund zu Optimismus: "Erstmals seit vier Jahren erzielen wir auch in Deutschland wieder ein Umsatzwachstum von 7 Prozent", sagte von Pierer.Die Börse reagierte euphorisch auf die Ankündigungen des Unternehmens.

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