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Tag eins. Die neuen Auszubildenden Karl Hartkopp, Kristin Papcke und Steffen Schmidt (von links) lassen sich die Fräsmaschine im Siemens-Werk in Spandau erklären.

© Thilo Rückeis

Siemens: Von der Schulbank ins Leben

Siemens bildet in Berlin 340 neue Lehrlinge aus. An ihrem ersten Tag hat nicht alles funktioniert, doch die künftigen Mechatroniker glauben an ihre Zukunft.

Berlin - Endlich ist er da, wo er hin will. Vorsichtig streicht er mit den Fingern über einen Tisch, beäugt die Werkzeuge und schaut einem Mechaniker über die Schulter. „Da hab ick jetzt richtig Lust drauf“, sagt Steffen Schmidt und seine Augen leuchten, als er den Blick durch den Raum schweifen lässt, über Maschinen, jede einzelne so teuer wie ein Kleinwagen. Schmidt ist einer von 340 neuen Lehrlingen, die am Mittwoch bei Siemens in Berlin ihre neue Ausbildungsstelle angetreten haben. Deutschlandweit sind es 2300 Schulabgänger, die bei dem Elektrokonzern starten. Damit ist Siemens auch 2010 der größte private Ausbilder hierzulande.

Die Aufregung und Anspannung steht den meisten Lehrlingen an ihrem ersten Tag ins Gesicht geschrieben – hier sollen sie nun also in die moderne Arbeitswelt einsteigen und die nächsten dreieinhalb Jahre ihres Lebens verbringen. Und wenn es gut läuft, noch viele weitere.

Dessen ist sich auch die 19-jährige Kristin Papcke bewusst. „Wenn man sich gut anstellt, dann kann man bei Siemens alt werden“, hofft die Berlinerin und wirkt entschlossen. Dafür nehme sie auch eine Fahrt von einer Stunde pro Tag auf sich. Sie ist das einzige Mädchen in einer 24-köpfigen Gruppe angehender Mechatroniker, ein Beruf, der eine Mischung ist aus Mechaniker und Elektroniker. Sie habe kein Problem damit, nur männliche Mitschüler zu haben, winkt Papcke ab. „Schleifen und Schweißen, das wird super“, sagt sie. Ihr Vater hat sie einst mit seinem Faible fürs Handwerkliche und Technische angesteckt – „doch er hat eigentlich nicht geglaubt, dass ich die Ausbildung hier bekomme“, sagt sie sichtlich stolz.

Zwar ist Siemens als Arbeitgeber immer noch beliebt, aber auch hier gehen die Bewerberzahlen seit einiger Zeit zurück, berichtet Norbert Giesen, der für das Ausbildungs-Marketing zuständige Manager. Trotzdem prüfe man die Kandidaten sehr eingehend. Kein Wunder: Rund 100 000 Euro kostet ein Lehrling den Betrieb während der gesamten Ausbildungszeit. Bei dem Elektrokonzern können Bewerber zwischen 18 verschiedenen technischen und kaufmännischen Berufen wählen. Bei der Bewerbung muss man unbedingt begründen können, warum es genau dieser Beruf sein soll. „Wenn sich jemand bei uns auf fünf verschiedene Stellen bewirbt, fragen wir uns schon, was er eigentlich wirklich will“, sagt Giesen.

Die, die in diesem Herbst dabei sind, haben es längst geschafft. So wie eben auch Steffen Schmidt, der nach seinem Realschulabschluss über eine einjährige Bildungsmaßnahme der Arbeitsagentur bei Siemens landete. Jetzt sitzt der 20-Jährige mit den kurz geschorenen Haaren vor Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), die die Auszubildenden an diesem Tag empfängt, zusammen mit Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer, die ihren ersten offiziellen Auftritt in ihrer neuen Position hat. „Hier sitzt ein kleiner Teil der Zukunft von Siemens“, sagt Ederer und bringt eine frohe Nachricht mit: Die Übernahmechancen der Lehrlinge bei Siemens seien immer noch sehr gut.

Auf Steffen Schmidt und die anderen wartet in den kommenden Monaten nun eine Ausbildung, die eine Mischung ist aus Theorie und Praxis. Bevor es jetzt richtig losgeht, fehlt nur noch eins: die Arbeitskleidung, und die gibt es auch direkt am ersten Tag. Auf einer Holzbank im Umkleideraum sitzen die Lehrlinge etwas verlegen im noch strahlenden Blaumann, pulen an ihren neuen Mützen herum und betrachten noch die schweren schwarzen Arbeitsschuhe. Dass nicht immer alles klappt wie vorgesehen, erfahren sie an ihrem ersten Tag auch. Die gewünschten Pässe, die täglichen Eintrittskarten in die Siemens-Welt, sind nicht wie geplant vorrätig. Auch solche Dinge seien Teil des Berufslebens, erklärt ein begleitender Lehrer. Und damit haben die Lehrlinge ihre erste Lektion in Sachen Arbeitswelt bereits hinter sich.

Laura Gitschier

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