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Wirtschaft: Siemens will Chipgeschäft schnell fit machen

MÜNCHEN .Siemens will mit neuer Strategie und drastischen Sanierungsschritten das mit über einer Mrd.

MÜNCHEN .Siemens will mit neuer Strategie und drastischen Sanierungsschritten das mit über einer Mrd.DM Verlust belastete Chipgeschäft wieder fit machen.Vorstandschef Heinrich von Pierer macht Druck: Die Wende, die er dem gesamten Elektrokonzern mit dem Ziel einer kompromißlosen Verbesserung der Ertragskraft verordnet hat, soll der Halbleiterbereich mit derzeit mehr als 25 000 Beschäftigten in nur zwei Jahren schaffen.Obwohl der Preisverfall bei Speicherchips noch nicht gestoppt ist und der Weltmarkt in diesem Jahr um zehn Prozent sinken dürfte, wird beim Halbleiter-Umsatz im Geschäftsjahr 1997/98 mit einem Anstieg um rund 20 Prozent auf über sieben Mrd.DM gerechnet.

Durch den Preisrutsch bei Speicherchips von zum Teil über 90 Prozent ist die Halbleitersparte, die noch vor zwei Jahren mit über 600 Mill.DM Gewinn vor Steuern die größte Siemens-Ertragsquelle war, jetzt zum Rekordverlustträger des Konzerns geworden.Überkapazitäten plagen die Branche.Der Absturz ist tief, die Fehleinschätzung gravierend: "Der Weltmarkt wird in diesem Jahr den Prognosen zufolge nur 130 Mrd.Dollar erreichen statt ursprünglich erwarteter 200 Mrd.", erklärte Halbleiterchef und Vorstand der Siemens AG, Ulrich Schumacher, am Donnerstag abend in München.Siemens selbst habe den Marktprognosen vertraut und vor drei Jahren eine Investitionslawine von 8,5 Mrd.DM losgetreten.

Als Befreiungsschlag sieht Siemens die angekündigte Stillegung des jungen, zu kostenintensiven Chipwerkes in Nordengland, das allein mit rund 400 Mill.DM Verlusten zu Buche schlägt.Es war erst vor einem Jahr mit großem Pomp und im Beisein der Queen eingeweiht worden.Schumacher hofft, daß der Standort noch durch einen Käufer gerettet werden kann.Er kündigte an, daß weltweit sämtliche Speicherchipwerke auf den Prüfstand kommen und von den übrig gebliebenen vier Fertigungsstätten noch eine wegfallen soll.Neben Dresden, Taiwan (Partner Mosel Vitelic) und Richmond/USA (Joint Venture mit Motorola) zählt dazu das französische Werk in Essonnes.

Noch vor Jahresende soll über Essonnes entschieden werden, obwohl das Werk am kostengünstigsten von allen produziere.Dort fertigt Siemens IBM 16-Megabit-Speicherchips, stellt aber schon auf Logikchips um.Nicht zur Disposition stehe das Werk Dresden, in das Siemens enorm investiert."In Dresden wurde nichts und wird nichts gekürzt", versicherte Schumacher.Anpassungen gebe es aber in Regensburg.

Die Asienkrise verschärft noch den Brancheneinbruch.Vor allem die südkoreanischen Produzenten sind mit Preisen unter Herstellungskosten auf der Jagd nach Marktanteilen.Der Siemens-Vorstand kritisierte die EU-Politik, keine Dumping-Klage gegen die preisaggressiven asiatischen Hersteller zu erheben.Mit der Neuausrichtung des Halbleitergeschäfts verfolge Siemens das Ziel, sich von den unberechenbaren Schwankungen bei Speicherchips unabhängiger zu machen, sagte Schumacher.Immer größere Bedeutung gewinnen anwenderorientierte Logikchips in Wachstumssektoren wie Kommunikation, Multimedia oder in der Autobranche.In zwei Jahren ist die Schonfrist abgelaufen, dann will Siemens-Chef von Pierer beeindruckende Gewinne sehen."Sonst wird es radikale Entscheidungen geben", weiß Schumacher.Selbst eine Trennung von der Speicherchipscheiben-Fertigung schloß er nicht aus.

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