zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Skandal in der brasilianischen Notenbank

BRASILIA .Gerade acht Januartage lang herrschte Francisco ("Chico") Lopes als oberster brasilianischer Währungshüter im schwarzverglasten "Sarg" der Notenbank in Brasilia.

BRASILIA .Gerade acht Januartage lang herrschte Francisco ("Chico") Lopes als oberster brasilianischer Währungshüter im schwarzverglasten "Sarg" der Notenbank in Brasilia.Es waren acht turbulente Tage, in denen Brasilien in ein finanzielles Desaster stolperte.Die Währung, der "Real", brach am 13.Januar ein, die Notenbank konnte ihn nicht mehr stützen.Binnen 48 Stunden verlor der Real ein Drittel seines Wertes.

Am Montag sorgte "Chico" Lopes erneut für Schlagzeilen: Vor laufenden Kameras wurde er im Parlament festgenommen, wo er sich geweigert hatte, vor dem Untersuchungsausschuß auszusagen.Der Ausschuß wirft ihm vor, als Notenbankchef vertrauliche Insider-Informationen weitergeben - und daran gut verdient zu haben.

"Wir sind nun alle ärmer geworden", schrieben die Zeitungen über die Finanzkrise.Wirklich alle? Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß über das Gebaren der Banken in jenen kritischen Januartagen kam zu dem Schluß, daß es ein Leck in der Notenbank gegeben haben muß, daß vertrauliche Insider-Informationen gegen hohe Geldbeträge an Interessierte verscherbelt wurden - und daß dabei immer wieder ein Name auftaucht: Francisco Lopes, der damalige Zentralbankchef.

Lopes sieht sich als Opfer politischer Vorverurteilung; mit seiner Aussageverweigerung bestärkt er aber nur den Verdacht auf Korruption und persönliche Bereicherung im Amt, der gegen ihn erhoben wird.

Francisco Lopes, der Ökonomie-Professor aus Rio de Janeiro, galt als emsiger Bürokrat, der 1996 in die Zentralbank eingetreten war und mit seiner Familie in einem bescheidenen Apartment lebte.In jener Wohnung stellte die Staatsanwaltschaft nun Unterlagen sicher, die "Chico" in einem etwas anderen Licht erscheinen lassen.Lopes verfügt auf Auslandskonten in sogenannten Steuerparadiesen über ein treuhänderisch gehaltenes Kapital von 1,675 Mill.Dollar.Schlimmer noch: die Treuhänder sind seine alten Geschäftsfreunde, mit denen er einst ein Broker-Büro namens Macrometrica betrieben hatte.Nach seinem Eintritt in die Zentralbank hatte Lopes die Partnerschaft formal aufgegeben - die Geschäfte aber offenbar weiterbetrieben.

Bei "Macrometrica" konnte man sich heiße Tips über die Entscheidungen der Zentralbank besorgen.Das garantiert ein fast sicheres Spiel an der Börse.Das glaubte auch der Privatbankier Salvatore Cacciola von der Banco Marka - bloß hatte er 24 Stunden zu lange darauf vertraut, daß die brasilianische Notenbank den Real stützen würde.Um den drohenden Bankrott der Banco Marka abzuwenden, bat er Freunde Lopes um Hilfe.Tatsächlich wechselte die Notenbank die Real-Außenstände der Banco Marka noch zum alten (überhöhten) Kurs in Dollar um.

Francisco Lopes bestreitet nicht, daß er sich für den Deal um die Banco Marka stark gemacht hat - "um ein Zusammenbrechen des Bankensystems zu verhindern".Von amigo-Verbindungen oder gar Selbstbereicherung aber will er nichts wissen.Klare Beweise dürften dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß schwer fallen; die Banker mauern, keiner will etwas gewußt haben.CARL D.GOERDELER

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false