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Mit der App HiMate können Flüchtlinge selbst nach Hilfsangeboten von Unternehmen und Initiativen suchen - etwa nach einer kostenlosen Mitgliedschaft im Fußballverein.

© dpa

Smartes Ehrenamt in Berlin: Start-ups entwickeln Gutschein-App für Flüchtlinge

Firmen und Vereine, die helfen wollen, und Flüchtlinge sollen nun direkt über eine App zueinander finden.

Eine Mitgliedschaft im Fußballverein, ein Kinobesuch, ein selbst gebautes Fahrrad. Mit einem speziellen Gutschein-Portal wollen Berliner Start-ups und ihre Mitarbeiter ein neues Angebot für Flüchtlinge schaffen. „Hilfebedürftige und Helfende finden oft noch schwer zusammen“, sagt Andreas Müller, einer der Initiatoren von HiMate, über den Hintergrund des ehrenamtlichen Projekts.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte Müller versucht, mit der Berliner Verwaltung in Kontakt zu treten. Er wollte sich engagieren, direkt bei ihm um die Ecke an der Straßburger Straße in Prenzlauer Berg leben hunderte Flüchtlinge in einer ehemaligen Schule. Seine ersten Versuche seien ernüchternd gewesen, berichtet er. „Es war unglaublich mühsam, zu den zuständigen Leuten in der Flüchtlingsunterkunft vorzudringen.“ Seine Idee: Berliner Unternehmen und Flüchtlinge miteinander in Kontakt zu bringen. Zwar gebe es viele Einzelinitiativen von Firmen, die Sachspenden an den entsprechenden Sammelstellen abgeben. Zu echten Begegnungen mit Flüchtlingen komme es in diesen Fällen aber eher selten. Umgekehrt gebe es vonseiten der Geflüchteten Berührungsängste. Aufgrund der Sprachbarriere blieben viele von ihnen die meiste Zeit innerhalb der Flüchtlingsunterkünfte.

Mehr als 40 Unterstützer arbeiten an der App

Seine Lösung: eine App, über die Unternehmen, Vereine und Initiativen Gutscheine für Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Müller sprach Freunde an, warb in seinem Berufsumfeld für die Idee. Als Absolvent der Wirtschaftsuni WHU kenne er viele ehemalige Kommilitonen, die als Start-up-Gründer in Berlin unterwegs seien. Er selbst ist beim Berliner Start-up Käuferportal beschäftigt. Überall dort fand er Rückhalt für seinen Plan.

Inzwischen arbeiten mehr als 40 Projektmanager, Programmierer und Jungunternehmer daran, die Idee umzusetzen. Das Engagement – auch vonseiten der Firmenpartner – sei beachtlich, sagt Müller. So habe der Start-up-Entwickler Project A seine Programmierer derzeit freitags freigestellt, damit sie an der App und der Webseite arbeiten könnten. Die Kanzlei Freshfields unterstütze das Projekt ebenfalls.

Gemeinsames "Tatort"-Gucken und Musikschulstunden

Inzwischen sind die ersten Gutscheine eingelöst – zunächst von einer Gruppe von rund 20 Testpersonen aus der Flüchtlingsunterkunft an der Straßburger Straße. „Wir haben sie dabei begleitet“, sagt Müller. Zum einen, um ihnen Orientierungshilfe in der für sie zumeist unbekannten Umgebung zu geben. Zum anderen aber auch, um zu schauen, ob der Kontakt mit den Gutscheinanbietern reibungslos vonstatten geht. Denn die App ist zwar dreisprachig zu bedienen – auf Deutsch, Englisch und Arabisch –, doch in den Unternehmen selbst ist zumindest mit Arabisch kaum zu rechnen. Zudem müssen sich die Gutscheinnehmer dort ausweisen, also neben dem Gutscheincode auch einen Nachweis vorlegen, dass sie tatsächlich als Flüchtling registriert sind.

Die Resonanz bei Flüchtlingen und Geschäftsleuten sei durchweg positiv, sagt Müller. Deshalb wollen er und seine Mitstreiter die App nun öffnen. 50 Unternehmen sollen in Kürze mit an Bord sein, die für den Anfang je fünf Gutscheine einstellen. „Wir sind selbst in die Geschäfte im Kiez gegangen und haben gefragt, ob sie mitmachen wollen.“ Die Mischung ist jetzt schon bunt: Neben den eingangs genannten Angeboten reicht die Spanne vom Abendessen über gemeinsames „Tatort“-Gucken in der Kneipe und Musikschulstunden bis hin zu Bewerbungsfotos. „Natürlich ist es auch toll, wenn die Leute ein schönes Abendessen bekommen“, sagt Müller. „Aber wir wollen schon auch darüber hinaus zur Integration beitragen.“ Musik-, Bildungs- oder Büchergutscheine seien deshalb perspektivisch wünschenswert.

Apropos Perspektive: Bis März wollen die HiMate-Leute 200 Unternehmen von ihrer Idee überzeugt haben. „Wenn wir es schaffen, das in Berlin zum Laufen zu bringen, ist es etwas für ganz Deutschland“, hofft Müller.

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