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Wirtschaft: So viele Rabatte wie noch nie

15 Prozent Preisnachlass beim Autokauf sind im Moment üblich/Kaum noch Gewinn für die Händler /Wende erst im Frühjahr

Berlin - Die Rabattschlacht auf dem deutschen Automarkt erreicht einen neuen Höhepunkt. Hersteller und Händler überbieten sich mit Sonderaktionen. „Die Rabatte sind auf historischem Niveau“, sagte der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer dem Tagesspiegel. „Zurzeit ist es für Kunden kein Problem, 15 Prozent Preisnachlass zu bekommen.“ Bisher galten Rabatte von vier bis fünf Prozent als normal, wie Untersuchungen des Marktbeobachters EurotaxSchwacke zeigen. Auch der Verbraucherexperte des ADAC, Ulrich May, hält die derzeitigen Preise für außergewöhnlich: „Selten war die Zeit so günstig wie jetzt, um sich ein Auto zu kaufen.“

In den vergangenen Wochen und Tagen hatten mehrere Autohersteller neue Preisnachlässe gewährt. So bietet Volkswagen Führerscheinneulingen noch bis Jahresende einen Rabatt von 1000 Euro beim Kauf eines Neuwagens. Und bei Opel gibt es die Modelle Corsa, Meriva, Astra, Vectra, Zafira und Combo Tour bis Jahresende um bis zu 4000 Euro billiger. Dabei können die Kunden frei wählen, für was sie den Rabatt einsetzen möchten – für Sonderausstattungen, eine Null-Prozent-Finanzierung oder die Inzahlungnahme des Gebrauchten.

Renault wiederum versucht es mit einer ausgefalleneren Variante: Während der so genannten „Rackerwochen“ vom 11. Oktober bis zum 30. November gibt es pro Kind im Schnitt einen Nachlass von vier Prozent auf den Listenpreis. Sogar Premiummarken wie Porsche, Mercedes oder BMW forcieren den Verkauf laut „Automobilwoche“ mit Prämien oder Sonderfinanzierungen.

Doch was die Kunden freut, wird für die Hersteller und Händler zum Problem. Denn die Preisnachlässe gehen laut Dudenhöffer an die Substanz. „Oft geht es nur noch darum, wenigstens einen Teil der Fixkosten abzudecken.“ Als Beispiel nannte Dudenhöffer den Mitsubishi Pajero Sport, bei dessen Neukauf die Kunden eine Eintauschprämie von 5000 Euro für ihren Gebrauchtwagen erhalten. „Das kann gar nicht kostendeckend sein“, sagte Dudenhöffer.

Das sieht der Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes ähnlich: „Die Luft wird immer dünner“, sagte Sprecher Helmut Blümer dem Tagesspiegel. So tendierten die Gewinnmargen der Händler teilweise gegen null. Gleichzeitig werde es immer schwieriger, die Entwicklung wieder umzukehren: „Die Preisnachlässe sind wie eine süße Droge: Die Kunden gewöhnen sich daran“, sagte Blümer.

Damit nähert sich der deutsche Automarkt den Verhältnissen in den USA an. Dort werden im Durchschnitt 4000 Dollar Nachlass je Neuwagen gewährt. Und auch Händler erhalten Anreize. Beim Luxusmodell Phaeton zahlt VW ihnen pro verkauftem Fahrzeug neuerdings 10000 Dollar Prämie. Das sagte ein Unternehmenssprecher dem Handelsblatt.

„Aber anders als in den USA kaufen die Kunden in Deutschland wegen der Rabatte nicht mehr Autos“, sagte Dudenhöffer. Vielmehr nähmen sich die Händler die Kunden gegenseitig weg. So sei für 2004 nur mit 3,17 Millionen Neuzulassungen zu rechnen – der schlechteste Wert seit der Wiedervereinigung. 1999 wurden noch 3,8 Millionen Fahrzeuge neu angemeldet. Ein Ende der sich abwärts drehenden Preisspirale ist Dudenhöffer zufolge erst dann in Sicht, wenn die Nachfrage wieder anzieht. Vorerst sei damit nicht zu rechnen: „Die Käufer werden sich noch mindestens bis April oder Mai 2005 zurückhalten“, schätzt der Experte. Dann allerdings könnten Autos wieder gefragt sein. Denn schon heute liege das Durchschnittsalter der Fahrzeuge auf deutschen Straßen bei acht Jahren.

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