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Wirtschaft: Software-Boom sorgt für Achterbahnfahrt - Schwäche der IT-, Medien- und Telekom-Aktien scheint gebannt

IT ist auch in Indien zum gebräuchlichen Kürzel für Informationstechnologie geworden und hat dabei den alten Verweis - es stand früher für "Income Tax" - verdrängt. In der vergangenen Woche allerdings war "IT" plötzlich wieder in seiner alten Bedeutung des Fiskus präsent -und dies in unmittelbarer Nähe zur Informationstechnologie.

IT ist auch in Indien zum gebräuchlichen Kürzel für Informationstechnologie geworden und hat dabei den alten Verweis - es stand früher für "Income Tax" - verdrängt. In der vergangenen Woche allerdings war "IT" plötzlich wieder in seiner alten Bedeutung des Fiskus präsent -und dies in unmittelbarer Nähe zur Informationstechnologie. Steuerfahnder hatten eine Untersuchung gegen 24 in Mauritius angesiedelte Firmen - darunter sieben Anlagefonds - eingeleitet. Sie wurden verdächtigt, auf der Touristeninsel im Indischen Ozean nur deshalb ihr Rechtsdomizil aufgeschlagen zu haben, um der hohen indischen Steuer auf Dividenden-Einnahmen zu entgehen. Dazu bietet ihnen das indisch-mauritische Doppelbesteuerungsabkommen ein Schlupfloch, denn Mauritius erhebt keine Dividenden-Steuer.

Die Reaktion der Börse war massiv. Am Dienstag, einen Tag nach Bekanntwerden der "IT-Investigation" verzeichnete der Index des führenden Bombay Stock Exchange mit einem Punkterückgang von 5001 auf 4686 den zweithöchsten Fall seiner Geschichte. Die Panikreaktion verwunderte nicht, sind doch nicht weniger als 150 in Indien tätige internationale Investment-Fonds in Mauritius registriert. Von Nettoanlagen im Volumen von 11,4 Milliarden Dollar in indische Wertpapiere flossen nicht weniger als sieben Milliarden über Mauritius. Der drohende Verlust des Steuervorteils führte zu massiven Verkäufen. Das Unglück wollte es, dass die Steuerprüfung zusammenfiel mit dem Microsoft-Urteil in den USA und dem Kursverfall an der Nasdaq.

Das Finanzministerium in Delhi war gezwungen, seine übereifrigen Steuerbeamten zurück zu pfeifen und den Investoren zu versichern, dass sich an der bisherigen Praxis nichts ändern werde. Auch diesmal reagierte der Markt rasch. Nach einer Handelspause von zwei Tagen glich die Börse am Freitag mit einem noch größeren Sprung nach oben die Verluste des "Schwarzen Dienstags" aus. Am Ende der Börsenwoche stand der "Sensex" mit 5219 Punkten signifikant über dem Kurs vor der Krise.

Die rasche Erholung war allerdings nicht nur das Resultat des Eingreifens von Finanzminister Sinha. Es drückte auch die weitverbreitete Stimmung unter Anlegern aus, dass die Börsenhausse der letzten sechs Monate, die in Indien fast ausschließlich von Technologie-Werten angetrieben wurde, keine spekulative Seifenblase ist, sondern auf soliden Wirtschaftsdaten bauen kann. Zwar zeigten auch in Indien die Aktien von IT-, Telekom- und Medienfirmen in den letzten sechs Wochen einen ständigen Abwärtstrend, begleitet von nervösen Ausschlägen nach unten und oben. Seit ihren Spitzennotierungen am 21. Februar, als diese Firmen 60 Prozent des gesamten Marktkapitals auf sich vereinten, hatten sie bis Ende März rund 40 Prozent ihres Werts eingebüsst.

Dennoch überwiegt unter Anlegern die Meinung, dass dieser Rückgang eine Korrektur der anfänglichen Spekulationswelle darstellt und sich nun stabilisieren wird. Sie sehen nicht voraus, dass IT-Firmen ihre Spitzenpositionen - die beiden höchstnotierten Firmen Wipro und Infosys sind IT-Unternehmen - aufgeben werden. V.P.Chaturvedi vom Anlagefonds Cholamandalam Cazanove weist darauf hin, dass die an den indischen Börsen führenden Firmen im Gegensatz zur Nasdaq nicht Dot.Com-Startups sind, sondern Software-Unternehmen, welche in den kritischen "KonvergenzTechnologien" - zum Beispiel von Internet und Mobiltelefonie - tätig sind und in den letzten Jahren Wachstumsschübe in ihrem Umsatz von über 50 Prozent pro Jahr vorweisen können. Nebeneffekt eines derart starken Wachstums ist die steigende Nachfrage nach Software-Ingenieuren nun auch in Indien.

Bisher waren viele nach ihrem Studium mithilfe von Vertragsarbeiten bei Kunden in die USA ausgewandert. Nun erlauben es die - auch nach der Korrektur der letzten Woche - immer noch hohen Firmenbewertungen vielen Unternehmen, ihren Angestellten interessante Aktien-Optionen einzuräumen, um sie bei der Stange zu halten. Da sich der Zustrom von Softwareingenieuren aus den Universitäten kurzfristig kaum ausweiten lässt, zeichnet sich schon bald eine Knappheit an technischem Personal ab. Selbst wenn die deutsche Regierung also eine "Green Card"-Regelung einführen sollte, wird Deutschlands Industrie Mühe haben, indische Ingenieure in signifikantem Ausmaß anzuwerben.

bi

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