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Gründerjahre. Die TU-Berlin-Absolventen Reiner Lemoine (links), Matthias Wrona (hinten) und Hans Rattunde, die vor 36 Jahren das „Ingenieurkollektiv Wuseltronik" gründeten, aus dem 1996 Solon und später Q-Cells hervorging.

© privat/Katja Gartz

Solarwirtschaft: Zukunftsbranche auf der Kippe

Das Solar-Geschäftsmodell machte wenige Manager zu Millionären – und Anleger wie Verbraucher arm.

Der Fall Solon hat Bedeutung weit über den Standort Berlin hinaus, er dürfte die schwelende Debatte um das Geschäftsmodell deutscher Solarfirmen insgesamt neu anfachen. Die Branche hat einige wenige Manager aus den Gründungstagen in den 1990ern zu Millionären gemacht, Anleger und Verbraucher aber verloren – und verlieren weiter – zusammen viele Milliarden Euro.

Solon ist für die Branche ein Mythos. Das Unternehmen wurde 1996 von einem Dutzend Technik-Freaks aus dem Umfeld der TU-Berlin in Kreuzberg gegründet. Zwei Jahre später ging Solon als erstes deutsches Solarunternehmen an die Börse, das Papier war zeitweilig im Tec-Dax notiert. Die Firma wurde schnell bekannt, weil sie viele Bundesbehörden als Kunden gewann, die mit dem Regierungsumzug neue Immobilien in Berlin bezogen. 80 Prozent der Solaranlagen auf Dächern von Bundesbehörden sollen heute aus dem Hause Solon stammen. Dass diese Behörden nun nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, wenn der Garantiefall eintritt, ist auch eine Ironie dieser Geschichte.

Über ein Jahrzehnt lang, bis etwa 2008, ging es mit Solarmodulherstellern wie Solon, Q-Cells aus Thalheim, Solarworld aus Bonn und der Hamburger Conergy steil bergauf – vor allem wegen der üppigen Einspeisevergütung, die jeder über 20 Jahre garantiert erhält, der Strom aus einer Fotovoltaikanlage ins Netz speist. Das Geld stammt von der Gemeinschaft aller Stromkunden, die mit ihrer Stromrechnung die so genannte EEG-Umlage zahlen. In diesem Jahr sind das 3,5 Cent je Kilowattstunde – für einen Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch sind das immerhin 122 Euro.

Rund die Hälfte der so eingesammelten Milliardensumme wird an die Erzeuger von Solarstrom ausgezahlt. Diese decken im Schnitt aber nicht mal drei Prozent des benötigten Strombedarfs hierzulande: Ein Missverhältnis, das erst vor ein bis zwei Jahren in der breiteren Öffentlichkeit diskutiert wird. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat es jüngst wieder heftig kritisiert – und stößt dabei aber auch auf Widerstand in seiner Fraktion. Denn wer die Solarförderung beschneidet, trifft damit auch die potenzielle Klientel der Liberalen: Eigenheimbesitzer und Menschen, die genug Geld übrig haben, um sich an einem Solarpark zu beteiligen, der trotz sinkender Förderung immer noch Traumrenditen von acht Prozent und mehr abwerfen kann.

Laut einer Schätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI müssen allein die in den Jahren 2000 bis 2010 installierten Solarmodule in den kommenden zwei Jahrzehnten mit 81,5 Milliarden Euro subventioniert werden. Das heißt: Jeder Deutsche, vom Baby bis zum Greis, fördert die Branche mit 1000 Euro – aber leider nicht nur deutsche Hersteller. Im ersten Halbjahr 2011 stammten nur 15 Prozent der hierzulande aufgestellten Module aus Deutschland. 60 Prozent kamen aus Asien. „Solarmodule aus Asien sind rund 30 Prozent günstiger als Module aus europäischer Fertigung“, sagt Bernd Schüßler vom Fachmagazin Photon. Auch das brach Solon das Genick, lässt Q-Cells und Solarworld ächzen.

Einige Manager der Aufstiegsjahre haben den Absprung rechtzeitig geschafft und Kasse gemacht. Solon-Gründer Alexander Voigt zum Beispiel verkaufte noch 2008 und 2009 über seine Firma I-Sol Ventures große Aktienpakete an Solon – zu Kursen von bis zu 61,12 Euro je Aktie. Am Mittwoch war das Papier nur noch 0,43 Euro wert. Für manchen Kleinanleger dürfte die Verkaufsgebühr höher sein, als der Wert der Aktien.

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