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Der Verhandler. Vieles hängt davon ab, ob es Bankchef John Cryan gelingt, die Strafe in den USA zu drücken.

© AFP

Update

Sorge um Deutschlands größtes Geldhaus: Union kritisiert Gabriels Deutsche-Bank-Schelte

Während John Cryan in den USA über die Höhe der Strafe für zweifelhafte Hypothekengeschäfte verhandelt, kritisiert Sigmar Gabriel die Bank. Und wird von der Union hart angegangen.

Von Carla Neuhaus

Die Union rügt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für seine Schelte der angeschlagenen Deutschen Bank. Der Obmann der Unions-Fraktion im Finanzausschuss des Bundestages, Hans Michelbach, wies Gabriels Äußerungen als „ziemlich kontraproduktiv“ zurück. „Als deutscher Wirtschaftsminister hat man die Aufgabe, den deutschen Wirtschaftsstandort zu fördern und nicht einzelne Marktteilnehmer schlecht zu reden“, sagte der CSU-Politiker dem „Handelsblatt“ (Dienstag). Deutschland brauche die Deutsche Bank, um als Exportnation seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gerecht zu werden. Ähnlich äußerten sich andere Unionspolitiker.

Der SPD-Chef und Vizekanzler Gabriel hatte während seiner Reise in den Iran am Sonntag erklärt: „Ich wusste nicht, ob ich lachen oder wütend sein soll, dass die Bank, die das Spekulantentum zum Geschäftsmodell gemacht hat, sich jetzt zum Opfer von Spekulanten erklärt.“ Und weiter: „Ich mache mir Sorgen um die Menschen, die bei der Deutschen Bank beschäftigt sind.“
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), kritisierte Gabriels Worte im „Handelsblatt“ als „wenig hilfreich“. Gabriel sei nicht nur SPD-Vorsitzender, sondern vor allem auch Wirtschaftsminister. In dieser Funktion erwarte er, dass Gabriel die Bedeutung der Deutschen Bank für die deutsche Wirtschaft im Blick behalte.
„Auf die Bank draufzuhauen, während sie in einer Konsolidierungsphase steckt, ist nicht klug, das ist wohlfeil“, meinte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) in der „Passauer Neue Presse“ (PNP/Dienstag). Es gebe Dinge bei der Deutschen Bank, die zu kritisieren seien, „aber dafür eine Auslandsreise zu nutzen, ist kein guter Stil. Der Wirtschaftsminister missbraucht sein Amt, um Parteipolitik zu machen.“

Zustimmung für den Wirtschaftsminister kam von den Grünen. „Gabriel hat schon recht: Eine Bank, die über ihre kriminellen Geschäfte der Investmentbanker in Schwierigkeiten kommt, kann sich schlecht über Spekulanten beklagen“, sagte Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, der PNP.

Wie geht es weiter mit der Deutschen Bank?

John Cryan, Chef der Deutschen Bank, muss sich derweil sputen. Lange wird er weder Kunden noch Aktionäre hinhalten können. Sie alle verlangen Antworten. Wie geht es weiter mit der Deutschen Bank? Wie hoch fällt die Strafe für dubiose Hypothekengeschäfte in den USA aus? Braucht das Institut frisches Kapital und, wenn ja, wo soll das her kommen? Muss am Ende doch der Staat helfen? Es sind zu viele offene Fragen, auf die Cryan noch immer keine Antworten geben kann. Und je länger diese Phase der Unsicherheit anhält, desto größer wird die Angst, das Haus könnte seine Probleme tatsächlich nicht alleine lösen.

Die Kritik an der Deutschen Bank kommt inzwischen von allen Seiten. Am Wochenende war es dann noch Sigmar Gabriel (SPD), der das Geldhaus heftig anging. Er bezog sich auf die Nachricht, dass Hedgefonds in den USA bereits einen Teil ihrer Aufträge an die Deutsche Bank zurückgezogen haben sollen – was die Aktie des Instituts zeitweise auf einen historischen Tiefpunkt hatte fallen lassen. Gabriel zeigte sich beunruhigt über die Zukunft der Deutschen Bank: „Ich mache mir Sorgen um die Menschen, die dort beschäftigt sind.“ Das Szenario sei, dass Tausende ihre Arbeit verlieren könnten. „Sie tragen jetzt die Verantwortung für den Wahnsinn, der betrieben wurde von verantwortungslosen Managern“, sagte Gabriel.

Die US-Behörden fordern 14 Milliarden Dollar Strafe

Sätze wie diese – noch dazu aus dem Mund des Wirtschaftsministers – erhöhen den ohnehin schon enormen Druck, unter dem die Manager der Deutschen Bank stehen. Alles hängt nun davon ab, ob es ihnen gelingt, die Strafe in den USA deutlich zu drücken. Die US-Behörden fordern 14 Milliarden Dollar von der Deutschen Bank, weil sie sich in der Finanzkrise an windigen Hypothekengeschäften beteiligt hat.

Wie weit das Institut mit den Verhandlungen ist, darüber gibt es widersprüchliche Berichte. So will die Agentur AFP aus mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen erfahren haben, dass das Strafmaß auf 5,4 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) herabgesetzt werden soll. Das wäre zwar eine deutliche Senkung gegenüber der bisherigen Forderung, aber immer noch mehr, als die Deutsche Bank einkalkuliert hat. Das Institut soll für den Hypothekenstreit einem Insider zufolge nur 2,5 bis drei Milliarden Euro beiseitegelegt haben. Offiziell bestätigen konnte die AFP-Meldung bislang jedoch keiner. Zumal das „Wall Street Journal“ etwas anderes berichtet. Nämlich dass die Vertreter von Bank und US-Regierung bei ihren Verhandlungen zwar durchaus vorankämen. Dass allerdings noch immer kein Vorschlag ausgereift genug sei, um hochrangigen Entscheidungsträgern vorgelegt werden zu können. Auch das „Wall Street Journal“ beruft sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) will derweil erfahren haben, dass die Konzernspitze der Deutschen Bank in den kommenden Tagen zu Verhandlungen in die USA reisen wird. Das wiederum könnte darauf hindeuten, dass die Verhandlungen doch so langsam zu einem Ende kommen.

Die Präsidentschaftswahlen könnten die Verhandlungen verzögern

Klar ist, dass die Zeit drängt. Werden sich die US-Behörden nicht in den nächsten vier Wochen mit den Vertretern der Deutschen Bank einig, dürften sich die Verhandlungen noch sehr viel länger hinziehen. Schließlich wählen die Amerikaner bereits am 8. November einen neuen Präsidenten. Danach muss dann erst einmal eine neue Regierung gebildet werden – was für die Verhandlungen mit der Deutschen Bank eine deutliche Verzögerung und neue Unsicherheit über ihren Ausgang bedeuten dürfte.

Für das Institut wäre eine möglicherweise monatelange Hängepartie fatal. Der Aktienkurs ist im Keller - auch am Montag gab er an den US-Börsen weiter nach. Außerdem gibt es jetzt schon Gerüchte über eine mögliche Staatshilfe. Das Bundesfinanzministerium sah sich bereits genötigt, einen Bericht der „Zeit“ zurückzuweisen, wonach die Regierung an Rettungsplänen der Bank arbeite. Dabei wäre die Mehrheit der Deutschen ohnehin gegen Staatshilfen für die Deutsche Bank. 69 Prozent lehnten eine finanzielle Hilfe des Staates ab, berichtet das Magazin „Focus“ am Wochenende. Nur 24 Prozent seien dafür.

Wirtschaftsvertreter bekennen sich zur Deutschen Bank

Dagegen bekam Cryan aus der Wirtschaft Rückendeckung. „Die deutsche Industrie braucht eine Deutsche Bank, die uns in die Welt hinaus begleitet“, sagte der Aufsichtsratschef von BASF, Jürgen Hambrecht, der „FAS“. Auch RWE -Chef Peter Terium betonte die Notwendigkeit einer weltweit tätigen Bank für die deutsche Wirtschaft. Ähnlich äußerte sich Daimler-Chef Dieter Zetsche.

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