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Hat seine eigene Meinung zur Euro-Krise: George Soros.

© dapd

Soros' neues Buch: "Wir bewegen uns auf eine potenziell tödliche Phase zu"

Der Großinvestor George Soros rechnet mit der deutschen Europapolitik ab. Und der Bundesbank wirft er eine Mitschuld an der Krise vor.

Die Lösung der Eurokrise kommt auf drei weißen A4-Blättern. Von ihnen liest George Soros ab, was sich ändern muss bei der Rettung der wankenden Staaten – und warum Deutschland die treibende Kraft hinter dem Ritt in den Untergang ist. „Die Euro-Krise ist noch lange nicht vorbei“, warnt Soros und blickt ernst in den schmucklosen Konferenzraum der Mercator-Stiftung in Berlin.

Hier stellt der 81-Jährige, der „Starinvestor“, die „lebende Legende“, am Mittwoch sein neues Buch vor. Sein Name prangt in großen goldenen Lettern auf dem Cover, sehr viel kleiner darunter steht etwas weniger glamourös der Titel: „Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika“ (Plassen Verlag, 160 Seiten, 24,90 Euro).

Soros’ Englisch hat einen harten Akzent, 1947 war er aus Ungarn nach England geflohen. Sein Vermögen hat er mit Hedgefonds gemacht, mit denen er seit den 1970er Jahren an den Finanzmärkten spekuliert. Berühmt wurde er 1992 mit seiner Wette gegen das britische Pfund, die am Ende zur Abwertung der Währung führte. Ausgerechnet so ein Spekulant tritt nun an, Deutschland und Europa zu erklären, was schiefläuft?

„Mein Fonds ist nicht am Euro beteiligt“, stellt Soros klar. Nicht dass ihm jemand vorwerfen kann, er habe ein finanzielles Interesse an seiner harten Kritik der derzeitigen Krisenpolitik. „Ich will nicht, dass die Krise die Europäische Union zerstört, darum bin ich hier.“

Mit blau-weiß gepunkteter Krawatte und der Hand in der Hosentasche war Soros hereingeschlendert, doch seine klaren und ruhigen Worte haben nichts Leichtes. „Wir bewegen uns auf eine potenziell tödliche Phase der Krise zu“, sagt er. In den vergangenen Monaten habe sich die Lage noch verschlechtert.

Die Politik der Europäischen Zentralbank? Die Geldschwemme habe den Märkten zwar Erleichterung gebracht, aber die fundamentalen Probleme seien nicht gelöst, nur verschleiert worden. Die Kluft zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern weite sich weiter aus.

Die Haltung der Bundesbank? Sie sei gefährlich und trage Mitschuld an der Krise, findet Soros. Mit ihrer Kampagne gegen die unbefristete Ausweitung der Geldmenge versuche sie lediglich den Schaden zu begrenzen, der ihr im Falle einer auseinanderbrechenden Euro-Zone bevorstünde. Diese Zweifel könnten wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wirken und damit dem Euro schaden.

Der von Deutschland vorangetriebene Fiskalpakt? Der könne so nicht funktionieren, er werde die Krise nicht lösen, sondern Europa in eine Deflation rutschen lassen. Nicht alle Länder könnten gleichzeitig eine Sparpolitik verfolgen. „Man kann nicht nur Strafen für Verstöße verhängen, man muss Länder auch für richtige Maßnahmen belohnen“, sagt Soros. Italien und Spanien würden beispielsweise richtige Schritte unternehmen, aber die Risikozuschläge auf die Staatsanleihen stiegen trotzdem.

„Nach der Wahl in Frankreich ist es Zeit, den Fiskalpakt zu überdenken“, rät Soros. Länger dürfe damit nicht gewartet werden. „Die bestehenden Regeln sind gescheitert und müssen radikal überarbeitet werden“, fordert er. Sie müssten zudem der Instabilität der Finanzmärkte gerecht werden.

In einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ wird Soros konkreter: Der Fiskalpakt solle bei den Staatshaushalten zwischen Investitionen und laufenden Ausgaben unterscheiden, so dass erstere von der Europäischen Investitionsbank kofinanziert werden können. Zudem fordert Soros, dass alle Mitgliedstaaten in der Lage sein sollten, zum selben Zinssatz umzuschulden – was eine größere fiskalische Integration erfordere.

Soros weiß um die Brisanz seiner Vorschläge: „Die Bundesbank wird diese nie akzeptieren“, schreibt er. Aber die Entscheidung sei eine politische Frage – und damit außerhalb ihrer Kompetenz.

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