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Wirtschaft: Sozialwahl - was ist das eigentlich?

Bundestags-, Landtags-, Kommunal-, vielleicht noch Betriebsratswahl - na gut.Aber "Sozialwahl"?

Bundestags-, Landtags-, Kommunal-, vielleicht noch Betriebsratswahl - na gut.Aber "Sozialwahl"? Die meisten Sozialversicherten wissen nicht, was es damit auf sich hat - vielleicht deshalb, weil es meist zu keiner "Wahl" kommt? Oder weil man der "Selbstverwaltung" der Sozialversicherungen nicht allzuviel zutraut?

Am 26.Mai 1999 sind wieder Sozialwahlen.In der Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung werden die Vertreter aus den Reihen der Versicherten und der Arbeitgeber in die "Parlamente" gewählt, die für sechs Jahre die Geschicke der Kranken- und Pflegekassen, Rentenanstalten, Arbeitsämter und Berufsgenossenschaften mitbestimmen sollen.

Der Staat hat die Sozialversicherung "ausgegliedert" und als "Körperschaften des öffentlichen Rechts" mit Eigenleben installiert.Die Beitragszahler (Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte.Ausnahme sind die Ersatzkassen, die nur durch Arbeitnehmer vertreten werden) nehmen die Verwaltung im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich wahr.Dafür gibt es Verwaltungsräte und Vertreterversammlungen.

Wer darf mitentscheiden? Im Grundsatz alle, die am 4.Januar 1999 bei dem jeweiligen Versicherungsträger zur Gruppe der Versicherten oder der Arbeitgeber gehörten und das 16.Lebensjahr vollendet haben und in Deutschland wohnen beziehungsweise hier regelmäßig beschäftigt sind.

Bei der Sozialwahl werben keine Parteien um die Gunst der Wähler.Gewerkschaften, andere Arbeitnehmervereinigungen und freie Listen bilden mit Kandidaten der Versichertenseite Listen.Entsprechendes geschieht auf Seiten der Arbeitgeberverbände.Werden mehr Kandidaten vorgeschlagen, als Sitze zu vergeben sind, kommt es zu einer echten Wahl.Dann entscheiden die Versicherten per Briefwahl darüber, wer ihre Interessen vertritt.

Der Bezug nur auf die Versicherten zeigt es schon: Bei den Arbeitgebern gibt es grundsätzlich nur so viele Bewerber um die Ehrenämter, wie Posten zu vergeben sind.Und die meisten Sozialversicherungsträger haben auch auf der Versichertenseite keinen echten Wahlgang, weil hier ebenfalls schon vorher Einigkeit hergestellt wurde, wer denn nun am besten Versichertenvertreter für welchen Versicherungszweig sein könne."Friedenswahl" ist der Fachausdruck dafür.Entmündigung der Wahlberechtigten könnte es heißen - oder auch: Realität, die am kostengünstigsten zum gewünschten Ergebnis führt; denn da es einen echten "Wahlkampf" mit Wahlreden der Kandidaten nicht gibt, müßen viele Versicherte ohnehin "blind" ihr Kreuzchen setzen.

Wer jedenfalls in diesen Tagen "Wahlunterlagen" von einer der Sozialversicherungen erhält, der kann "aktiv" mitwirken am künftigen Geschehen in der Sozialversicherung - vor allem wenn es um Walter Riesters Rentenreform und mögliche Leistungseinsparungen geht.Freilich: Über die Rentenhöhe wird nach wie vor in Bonn entschieden.

WOLFGANG BÜSER

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