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Wirtschaft: Spanischer Baulöwe will Hochtief ganz

Präsident von Real Madrid bietet für Mehrheit an deutschem Marktführer

Madrid – Ein gewisser Hang zum Größenwahn ist Florentino Pérez nicht fremd. „Wenn etwas strategische Wichtigkeit hat, sei es ein Unternehmen oder ein Fußballspieler, dann spielt der Preis keine Rolle, dann zählt nur, dass du kaufen kannst“, sagte der Chef von ACS, dem größten Baukonzern Spaniens, vor knapp einem Jahr. Da war er gerade an die Spitze von Real Madrid gewählt worden, dem wohl berühmtesten Fußballklub der Welt. Und erstmal kräftig ein: 252 Millionen Euro blätterte er für Stars wie den Portugiesen Cristiano Ronaldo oder den Brasilianer Kaká hin. In diesem Jahr holte er die Bundesliga-Stars Mesut Özil und Sami Khedira.

Jetzt will Pérez Hochtief. Am Donnerstag präsentierte sein Unternehmen ein Übernahmeangebot für den größten deutschen Baukonzern. ACS hält bereits fast 30 Prozent an dem Essener Traditionsunternehmen. Längerfristig habe man eine Beteiligung von “knapp über 50 Prozent“ ins Visier genommen. Ein Beherrschungsvertrag sei nicht vorgesehen. Die Unternehmenszentrale in Essen werde ebenso wie die Marken von Hochtief erhalten bleiben. Pérez warb um das Wohlwollen des Managments: „Wir haben in der Vergangenheit sehr eng und konstruktiv mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat von Hochtief zusammengearbeitet und werden beide auch in Zukunft unterstützen.“

Mit der Übernahme könnte der 53-Jährige einen der größten Baukonzerne der Welt formen. Mit einem gemeinsamen Umsatz von rund 33,8 Milliarden Euro würden die beiden Unternehmen weltweit nur noch von zwei chinesischen Unternehmen für Eisenbahnbau übertroffen. Zusammen könnten die beiden Unternehmen den französischen Konkurrenten Vinci überrunden, der im vergangenen Jahr einen Umsatz von 32,5 Milliarden Euro erzielt hatte.

Aus der Essener Unternehmenszentrale hieß es am Donnerstag, dass der Hochtief-Vorstand die Ankündigung des Übernahmeangebots zur Kenntnis genommen habe. „Der Vorstand prüft gegenwärtig die Sachlage und wird zu gegebenem Zeitpunkt eine Erklärung mit einer Empfehlung an die Aktionäre von Hochtief abgeben“, hieß es in einer knappen Stellungnahme.

Großzügig ist das Angebot nicht. ACS verspricht den Aktionären je acht eigene Aktien für fünf Hochtief-Anteilsscheine, das heißt: keinen Aufschlag auf den aktuellen Börsenkurs. Analysten rieten den Aktionären davon ab, das Übernahmeangebot zu diesen Bedingungen anzunehmen. Die Hochtief-Aktien, die durch Spekulationen auf eine bevorstehende Übernahme zunächst um bis zu 10,5 Prozent nach oben gesprungen waren, standen bei Börsenschluss mit 5,6 Prozent im Plus. In spanischen Zeitungen hieß es am Donnerstag, Pérez sei sich durchaus bewusst, dass das Angebot nicht auf Begeisterung stoßen werde. ACS wolle zunächst lediglich die Schwelle von 30 Prozent überschreiten. Ab dieser Grenze ist ein offizielles Übernahmeangebot gesetzlich vorgeschrieben. Eine ACS-Sprecherin sagte, der geplante Ausbau der Beteiligung werde langfristig über weitere Zukäufe an der Börse erfolgen.

Dass Baulöwe Pérez hartnäckig sein kann, hat er in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. Geduld ist die größte Stärke des gelernten Straßenbauingenieurs, die ihn in die Spitzenriege spanischer Unternehmer katapultierte. Auch bei Real Madrid geht es nur mühselig aufwärts – trotz des 2:0-Sieges am Mittwochabend gegen Ajax Amsterdam in der Champions League unter dem neuen portugiesischen Startrainer José Mourinho.Anne Grüttner (HB)

Anne Grüttner (HB)

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