zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Sparen oder Spendieren

Wirtschaft und Gewerkschaften vermissen bei der Koalition Reformeifer. Aber was die Politik tun soll, ist strittig

Berlin (brö/uwe/ce). Wirtschaft und Gewerkschaften sind unzufrieden mit den bisherigen Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen. In einer Umfrage des Tagesspiegels forderten die Arbeitgeber von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) größere Sparanstrengungen und einen Verzicht auf Steuererhöhungen. Dagegen verlangen die Gewerkschaften einen Kurswechsel in der Finanzpolitik, milliardenschwere Investitionen in die Infrastruktur sowie höhere Steuern für Reiche.

„Schluss jetzt mit Steuererhöhungs-Diskussionen und weiterer Verschuldung“, forderte Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Wichtig sei, dass Kanzler Schröder, der neue Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Finanzminister Hans Eichel die richtigen Schlüsse aus der Finanzlage zögen. Der Bundesetat müsse wie geplant konsolidiert werden. Ausnahmen bei der Ökosteuer für energieintensive Betriebe dürften aber nicht gestrichen werden. „Sonst werden ganze Industriebranchen aus dem Land getrieben, denn dies ist ein in Europa einseitiger Wettbewerbsnachteil für das produzierende Gewerbe“, fand von Wartenberg. Und es wäre ein Vertragsbruch der Klimaschutzvereinbarung, die Industrie und Regierung geschlossen hatten.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bemängelte, bisher sei es in den Verhandlungen nicht geglückt, verlorenes Vertrauen der Wirtschaft in die Politik wiederzugewinnen. „Die täglich neu ins Kraut schießenden Gerüchte über steuerliche Grausamkeiten sind Gift für die darniederliegende Konjunktur.“ Wichtig sei, nun mit dem Subventionsabbau Ernst zu machen. Zudem seien „die überbordenden Sozialhaushalte ohne Einschnitte nicht zu bändigen“. Die Regierung solle positive Signale setzen, etwa mit der Begünstigung von Pensionsrückstellungen für den Mittelstand oder mit einer Abgeltungssteuer für Zinsen.

Hanns-Eberhard Schleyer, Hauptgeschäftsführer des Handwerksverbands ZDH, mahnte „bessere Rahmenbedingungen für unternehmerisches Schaffen“ an. Bisher habe es kaum Impulse in diese Richtung gegeben. Von den Verhandlungen müsse ein „klares Signal“ zur vollständigen Umsetzung der Hartz-Reformvorschläge ausgehen.

Für Unmut sorgt auch der Plan der rotgrünen Koalition, die Eigenheimzulage für Bauherren zu streichen. „Einschnitte in die Wohnungsbauförderung würden die negative Entwicklung verstärken“, sagte Arndt Frauenrath, Präsident des Zentralverbandes des Baugewerbes. Auch die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt warnte vor einem „Streichkonzert“. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel sagte, für die kriselnde Bauwirtschaft komme ein Ende der Eigenheimzulage „dem Abschalten einer Herz-Lungen-Maschine bei einem Todkranken“ gleich.

„Mehr Geld in die Kassen“

Für einen Kurswechsel bei den Koalitionsverhandlungen setzten sich auch die Gewerkschaften ein. Sie plädierten jedoch für ein Ende der Konsolidierung und höhere Staatsausgaben. „Die Sparpolitik muss überdacht werden“, sagte der Vizechef der IG Metall, Jürgen Peters. Es dürfe kein Tabu sein, für öffentliche Investitionen neue Kredite aufzunehmen. Peters: „Es muss Schluss sein mit dem Tanz ums Goldene Kalb ns EU-Stabilitätspakt.“ Statt dessen müsse die Koalition die Vermögensteuer wieder erheben und die Erbschaftsteuer erhöhen. Das Vorstandsmitglied der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Margret Mönig-Raane, sagte, dies könne knapp 20 Milliarden Euro einbringen. 18 Milliarden Euro davon sollten für Infrastruktur-Investitionen ausgegeben werden.

Führende Gewerkschafter pochen unterdessen auf ihren Einfluss. Am Dienstagabend waren sie beim Kanzler und bei Arbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement zu Gast, um eine Beschäftigungsinitiative zu fordern: Michael Sommer vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Frank Bsirkse von Verdi, Hubertus Schmoldt von der IG Bergbau, Chemie, Energie und IG-Metall-Chef Klaus Zwickel.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false