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Sparkasse

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Sparkassen: Das gefährliche Spiel der Banken

Sparkassen und Genossenschaftsbanken steuern bisher stabil durch die Finanzkrise und schlagen sich deutlich besser als die Groß- und Landesbanken. Doch ihr Erfolg könnte sich rasch ins Gegenteil drehen – falls die kurzfristigen Zinsen steigen sollten.

Sie gelten als die großen Gewinner der Finanzkrise: Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben sich wirtschaftlich in der Krise besser und stabiler als die Groß- und Landesbanken geschlagen. Auch in diesem Jahr rechnet der Präsident des Bundesverbands der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Uwe Fröhlich, für die Genossenschaftsbanken mit einem mindestens ebenso guten Ergebnis wie im Vorjahr. Und ein Sparkassenmanager berichtet: "In diesem Jahr werden die öffentlich-rechtlichen Institute vor Ort reihenweise Rekordergebnisse abliefern."

Doch der Erfolg der Sparkassen und Genossenschaftsbanken könnte rasch kippen - und das beunruhigt die Finanzaufseher. Einen großen Teil ihrer Erträge verdanken die regional verwurzelten Institute der aktuellen Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Das Prinzip: Die Banken leihen sich von ihren Kunden per Tages- oder Festgeld kurzfristig Geld, das sie langfristig zu höheren Zinssätzen an Häuslebauer oder Mittelständler verleihen. Diese Strategie wird Fristentransformation genannt. Sie ist der Haupttreiber für die derzeitigen Gewinne der kleinen Institute - und sie funktioniert nur, solange die kurzfristigen Zinsen so viel niedriger wie die langfristigen Zinsen bleiben (siehe "Zinskluft").

Die Finanzaufsicht warnt

Das ist alles andere als sicher. Je stärker sich die Konjunktur der Euro-Zone erholt, desto mehr wächst der Druck auf die EZB, die Leitzinsen für kurzfristige Einlagen zu erhöhen. Den deutschen Aufsichtsbehörden wird daher zunehmend mulmig. "Für die Aufsicht sind Zinsänderungsrisiken und ihr Management durch die Banken ein Punkt auf der Risikolandkarte des kommenden Jahres", mahnte Bundesbank-Vorstand Franz-Christoph Zeitler gerade erst bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts. Hinter der "hellen Zahl" steigender Zinsüberschüsse stehe als "dunklere Seite" eine mitunter stark ausgedehnte Fristentransformation.

Das Rückschlagrisiko lässt sich in Zahlen fassen: Derzeit liegt die Differenz zwischen Dreimonats- und Zehnjahreszinsen bei rund zwei Prozentpunkten. Unmittelbar vor Beginn der Finanzkrise, im Juni 2007, war es gerade einmal ein halber Prozentpunkt. Da wundert es nicht, dass auch die Finanzaufsicht BaFin jüngst eine Breitseite gegen Zinshasardeure abfeuerte. Die Behörde kündigte Kapitalzuschläge für Banken an, die "sehr stark auf der Zinskurve reiten", sagte der Leiter der Grundsatzabteilung, Peter Lutz.

Experten vermuten, dass es sich in erster Linie um Sparkassen und Volksbanken handelt. Die Bundesbank schätzt, dass der Anstieg des Zinsüberschusses bei Sparkassen 2009 überwiegend den Zinsdifferenzen zu verdanken war. Genossenschaftsbanker schätzen, dass in ihrem Verbund etwa zwei Drittel der Erträge aus der Fristentransformation stammen. Doch sinkt die Zinsdifferenz, schrumpft auch das Zinsergebnis der Banken deutlich.

"Dies kann dazu führen, dass einige Banken deutlich in die Verlustzone rutschen", sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre der Frankfurt School of Finance and Management. Die Banken müssen seiner Meinung nach schleunigst umdenken. "Die hohen Zinsrisiken kommen nicht nur durch das klassische Kreditgeschäft, sondern auch aufgrund der Anlage der Gelder in langlaufende Wertpapiere", sagt Faust. Die Risiken müssten in kürzere Laufzeiten umgeschichtet werden oder durch Absicherungsgeschäfte wie zum Beispiel Zinsswaps reduziert werden. Solche Eigenanlagen machen im Durchschnitt ein Viertel der Bilanzsumme der Banken aus, hat Henning Schneider, ein Direktor bei Allianz Global Investors, beobachtet.

Das Problembewusstsein wächst

Doch wie reagieren auf den drohenden Zinsanstieg, die höheren Anforderungen der Aufsichtsbehörden und die wachsende Bedeutung des Risikomanagements? Schneider beobachtet eine gewisse "Orientierungslosigkeit" bei den Banken - und Allianz Global Investors wittert darin ein großes Geschäft. Nur zu gern würde der Fondsanbieter die Anlagepolitik verunsicherter Regionalbanken in die Hand nehmen.

Noch ist der Ernst der Lage nicht allen Häusern bewusst: "Man wird bei den Rekordergebnissen nicht explizit auf die Fristentransformation verweisen, sondern eher die Managementleistung in den Vordergrund stellen", kritisiert ein Sparkassenmanager seine Branche. "Dabei ist es so, dass strukturelle Reformen durch die sprudelnden Erträge aus der Fristentransformation eher verzögert werden." Doch das Problembewusstsein wächst. Das Zinsänderungsrisiko rückt Schneider von der Allianz Global Investors zufolge immer mehr in den Mittelpunkt bei den Banken.

Das sollte es noch aus einem anderen Grund. Die internationalen Bankaufseher, die im Baseler Ausschuss über neue Vorschriften für Banken brüten, wollen auch der Möglichkeit der Fristentransformation einen Riegel vorschieben. Die geplanten Liquiditätskennziffern, insbesondere die mittelfristig ausgerichtete, könnten die Möglichkeiten der Fristentransformation Experten zufolge deutlich einschränken. "Damit beeinflussen die Liquiditätskennziffern über die Einschränkung der Fristentransformation zumindest indirekt auch die zukünftige strategische Ausrichtung der Bank", sagt Ullrich Hartmann, der beim Wirtschaftsprüfer PwC der verantwortliche Partner für den Bereich Finanzdienstleistungsregulierung ist.

Quelle: Handelsblatt

Yasmin Osman, Peter Köhler, Anne Christine Kunz, Robert Landgraf

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