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Wirtschaft: Sparkassen werden abgehängt - McKinsey-Studie belegt Rückständigkeit im Internet-Geschäft

Die deutschen Sparkassen laufen Gefahr, beim Electronic Banking und damit in einem wesentlichen Teil des zukünftigen Bankgeschäfts von der privaten Konkurrenz abgehängt zu werden. Ohne einen schnellen und einheitlichen Marktauftritt der S-Finanzgruppe im Internet noch in diesem Jahr sei "ein Großteil der Sparkassen in relativ kurzer Zeit existenziell bedroht".

Die deutschen Sparkassen laufen Gefahr, beim Electronic Banking und damit in einem wesentlichen Teil des zukünftigen Bankgeschäfts von der privaten Konkurrenz abgehängt zu werden. Ohne einen schnellen und einheitlichen Marktauftritt der S-Finanzgruppe im Internet noch in diesem Jahr sei "ein Großteil der Sparkassen in relativ kurzer Zeit existenziell bedroht". Die Sparkassen müssten ihre zersplitterten Budgets für Informationstechnik bündeln, um gegenüber der Konkurrenz nicht noch weiter zurückzufallen. So lauten Kernaussagen eines Strategie-Papiers der Beratungsgesellschaft McKinsey für den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), über das die Gremien des Verbandes am 25. Mai erneut beraten und entscheiden sollen.

Bei einem Treffen vor einigen Wochen waren die Empfehlungen der Studie, die dem Handelsblatt vorliegt, nur zur Kenntnis genommen worden. Dabei drängt die Zeit. "Der Spielraum der S-Finanzgruppe schrumpft geradezu im Wochentakt", heißt es in dem Gutachten. Bedingt durch ihre Dezentralität täten sich die Sparkassen schwer, dem schnellen Wettbewerb und den grundlegenden Veränderungen der Marktstruktur zu folgen und die Entwicklung für sich zu nutzen.

Ein wesentliches Hemmnis sei "das geringe Entscheidungstempo und die Zersplitterung" der Organisation. Nicht zuletzt deshalb sei es bisher "praktisch nicht gelungen, Allianzpartner exklusiv an sich zu binden, da das selbst im Weltmaßstab beeindruckende Mengengerüst von keiner Instanz vertraglich in die Verhandlungen eingebracht werden kann", heißt es weiter.

Die Folge seien eine bereits spürbare Abwanderung von Kunden und der Verlust von Geschäft, vor allem im gehobenen Segment. Die Sparkassen erreichten mit ihren bisher auf die lokale und regionale Ebene beschränkten Online-Banking-Angeboten 26 Prozent des Marktes. Das sei nur die Hälfte ihres Marktanteils von 56 Prozent bei den privaten Girokonten. Dabei wachse das Interesse der Kunden am Internet. Statt derzeit fünf Prozent würden mittelfristig über 45 Prozent der Bevölkerung "und damit überproportional viele Sparkassenkunden Banking im Internet betreiben", schätzen die Berater. Die bekannte Schwäche der Sparkassen im Wertpapiergeschäft werde durch den Rückstand im Online-Banking um ein Vielfaches verstärkt. "In zunehmendem Maße wird die einzelne Sparkasse von wichtigen Kundensegmenten nicht mehr als leistungsfähiger Anbieter wahrgenommen", schreiben die Gutachter. Ohne eine Änderung der Strategie erwarten die Berater für eine Sparkasse mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von fünf Milliarden Mark binnen fünf Jahren einen betriebswirtschaftlichen Verlust von zehn Millionen Mark im Kerngeschäft. Damit sei "ein Großteil der Sparkassen in relativ kurzer Zeit existenziell bedroht".

Um die künftige Marktführerschaft zu sichern, müsse die Organisation im E-Banking mindestens den selben Marktanteil erzielen wie im stationären Vertrieb in den Filialen. Hierzu sei aber eine regelrechte Aufholjagd notwendig. Die werde aber nur gelingen, wenn die Organisation ihre finanziellen und personellen Ressourcen bündele. Die private Konkurrenz wolle immerhin mehr als zehn Milliarden Mark in Aufbau und Erweiterung der elektronischen Vertriebswege investieren. Gleichzeitig gehe sie exklusive Allianzen mit den aktivsten Internet-Adressen ein und blockiere diese Partner damit für die Sparkassen.

Die Sparkassenorganisation soll nach den Vorschlägen der Berater ein bundesweit beworbenes Internet-Portal "Sparkasse.de" eröffnen, das alle Online-Aktivitäten der Sparkassenorganisation bündeln soll. Es könnte bei der DGZ-Deka-Bank angesiedelt werden. Dort sollen auch die auf rund 20 Prozent geschätzten, besonders preissensiblen Kunden bedient werden, die nur an einem reinen Direct-Banking interessiert sind. Das ist aber in der Organisation umstritten. Denn eine zentrale Direktbank, so argumentieren die Kritiker, widerspreche dem Prinzip der Sparkassenorganisation, dass jede Sparkasse nur in ihrer Region zuständig sei.

DSGV-Präsident Dietrich H. Hoppenstedt hatte im März eine Internet-Offensive der Sparkassen mit Investitionen von rund 870 Millionen Mark sowie eine Kooperation mit dem Online-Dienst AOL angekündigt, die allen Sparkassen offenstehen sollte. Geplant sind nicht nur ein zentraler Online-Broker, sondern auch spezielle Plattformen für das Geschäft mit Versicherungen und Baufinanzierungen, letztere allerdings nicht unter dem "S"-Logo.

Andreas Mihm

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