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Holzklasse. Die Lufthansa will Kosten drücken. Neue Mitarbeiter in Berlin müssen länger arbeiten. Sogar eine neue Billigflug-Tochter könnte ab 2015 an den Markt gehen.

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Sparpläne: Lufthansa lässt sich herab

Entlassungen und Billigflieger geplant: Nichts scheint mehr heilig bei Europas größter Fluggesellschaft

Es war die wohl turbulenteste Woche seit Jahren für alle Lufthanseaten, jene 120 000 Angestellten von Europas größtem Airline-Konzern: Die konnten bisher in dem Glauben leben, etwas besser ausgebildet zu sein und etwas besser bezahlt zu werden als Mitarbeiter der Konkurrenz. Lufthanseat zu werden, das kam noch bis vor kurzem quasi der Verbeamtung gleich. Dass sich all das mit der Übernahme des Chefpostens durch Christoph Franz ab Anfang 2011 ändern würde, hatte man ahnen können. Der ließ sich fast eineinhalb Jahre lang Zeit. Nun aber, darauf deuten die jüngsten Nachrichten hin, krempelt er den Konzern um.

Christoph Franz ist seit Anfang 2011 Vorstandsvorsitzender der Lufthansa.
Christoph Franz ist seit Anfang 2011 Vorstandsvorsitzender der Lufthansa.

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Personalkosten drücken, womöglich sogar Personal entlassen, Betriebe und ganze Tochtergesellschaften zusammenlegen. Noch nichts ist beschlossen, hieß es am Freitag in der Zentrale in Frankfurt am Main, aber es scheint auch nichts mehr heilig zu sein, um das im Rahmen des neuen Sparprogramms „Score“ definierte Ziel zu erreichen: bis Ende 2014 rund 1,5 Milliarden Euro mehr Gewinn.

Das Programm erstreckt sich über alle Gesellschaften, von Lufthansa Passage und Cargo über die Töchter Germanwings und Swiss sowie die Sparten IT, Technik und Catering. Das Geschäftsjahr 2011 hatte der Konzern mit einem – gemessen am Umsatz von 28,7 Milliarden Euro – kleinen Minus von 13 Millionen abgeschlossen. Der Lufthansa-Vorstand um Franz will nun offenbar zunächst die verhältnismäßig dicke Personaldecke beschneiden. 3000 bis 6000 Arbeitsplätze in den Verwaltungsbereichen Finanzen, Personal und Buchungen könnten abgebaut werden, 1500 davon allein in der Zentrale in Frankfurt, war bereits am Donnerstag kolportiert worden. Schon am vergangenen Wochenende war ein Brief von Passagier-Vorstand Carsten Spohr bekannt geworden, in dem das Management der Belegschaft einen drastischen Sparkurs ankündigte. Demnach will er unter anderem auf vielen Langstreckenflügen die Erste Klasse abschaffen. Zudem soll in den kommenden drei Jahren die Flugzeugflotte nicht vergrößert werden. Spohr schrieb auch von einer fünfprozentigen Reduzierung der Personalkosten pro Flugstunde. Damit würde sich der Konzern einer Vergütungsstruktur annähern, die er bereits bei seiner 2002 gegründeten Billigflugtochter Germanwings eingerichtet hat und künftig auch im Rahmen des „Berliner Modells“ bei Flügen unter der Marke Lufthansa ab Berlin einrichtet: Mit der Eröffnung des Airports BER will Lufthansa 15 Maschinen in der Hauptstadt stationieren – und zwar ausschließlich Flieger der A320-Familie, was die Wartungskosten um bis zu 30 Prozent senken soll.

Das neue Bordpersonal wird über die Personaldienstleiter Aviation Power rekrutiert, an dem Lufthansa eine Minderheit hält. Die zusätzlichen Mitarbeiter fliegen zwar in Uniform mit Kranich am Revers, auch zum selben Einstiegsgehalt wie die übrigen Lufthanseaten – allerdings wird die Arbeitszeit der Berliner um neun Prozent verlängert, wodurch sie unterm Strich gleich bezahlt werden wie Germanwings-Mitarbeiter.

„Mit unserem Berliner Modell haben wir einen offensiven Ansatz gewählt, indem wir unser Angebot ausbauen und ausdrücklich auch preissensible Kunden ansprechen“, sagte Franz dem „Manager Magazin“ dieser Tage. Vor dem Hintergrund, dass Lufthansa also zumindest von BER nun billiger fliegt, dürfte der jüngste Plan, der am Freitag durchsickerte und die Mitarbeiter endgültig verunsicherte, in Berlin nicht zum Tragen kommen: Angeblich gibt es im Konzern langfristige Pläne, die Billigtöchter Germanwings und Eurowings zusammenzulegen. „Es gibt noch keinen Beschluss über die Umsetzung oder über die Namensgebung“, kommentierte ein Sprecher entsprechende Berichte. Intern laufe das Projekt unter dem Titel „Direct 4 you“.

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