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Wirtschaft: SPD lehnt Steuerreformpläne ab

Parteirat will keine Geschenke für Unternehmer – Koalitionskompromiss reicht SPD-Basis nicht

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Berlin - In der SPD gibt es ernsthaften Widerstand gegen die Unternehmensteuerreform-Pläne der großen Koalition. Auf Druck der SPD-Landesverbände von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein beschloss der SPD-Parteirat am Montag, einer Steuerreform nur dann zuzustimmen, wenn daraus keine dauerhaften Steuermindereinnahmen für den Staat entstehen. Eine Reform, „die mit dauerhaften Mindereinnahmen verbunden wäre, lehnen wir ab“, heißt es in dem Beschluss des Gremiums, dem rund 110 Mitglieder der SPD-Spitze zustimmten. Auch anfängliche Steuerausfälle durch die geplante Steuersatzsenkung wollen die Sozialdemokraten nicht einfach hinnehmen. Der Parteirat beschloss für diesen Fall, die Regierung zu „geeigneten“ Gegenmaßnahmen zu verpflichten. Solche zeitweiligen Steuermindereinnahmen „müssen durch wirksame und dauerhaft wirkende Maßnahmen ... so rasch und eng wie möglich begrenzt werden“, heißt es.

Die SPD-Linke Andrea Nahles sagte nach der Sitzung, der Parteiratsbeschluss sei „nicht kompatibel mit den vorgelegten Plänen“ von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU). Beide hatten in diesem Herbst Eckpunkte für die Steuerreform vereinbart, die ab Januar 2007 ins Gesetzgebungsverfahren kommen und ab 1. Januar 2008 in Kraft treten sollen. Danach sollen die Steuersätze für Kapitalgesellschaften gesenkt werden und die Bemessungsgrundlagen für die Steuerberechnung durch eine Reihe Steuerrechtsänderungen erweitert werden. Inwieweit die Änderungen allerdings tatsächlich zu einer Kompensation der Steuerausfälle führen werden, die durch die Senkung des Steuersatzes von rund 39 auf rund 29 Prozent (inklusive Gewerbesteuer) hervorgerufen werden, ist umstritten.

Nach Abschluss der Beratungen zwischen Steinbrück und Koch bleibt zwischen Einnahmeverlusten und geplanten Steuermehreinnahmen eine dauerhafte Lücke von rund fünf Milliarden Euro. Das hat auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß in einem Brief an die Fraktionsmitglieder eingeräumt. Allerdings weist Poß darin auch darauf hin, dass es „schon bald keine Finanzierungslücke mehr gibt“. Poß begründet dies – genau wie Steinbrück und Koch – mit sogenannten Selbstfinanzierungseffekten. Sie sollen zum Tragen kommen, weil es für Konzerne nach der Reform nicht mehr attraktiv sein soll, ihre Gewinne im Ausland zu versteuern. Ob es zu diesem Effekt allerdings auch wirklich kommen wird, ist bei Steuerexperten umstritten.

Der SPD-Finanzexperte Poß wies in dem Schreiben die Bezeichnung Steuergeschenk energisch zurück. Eine solche Umschreibung sei nicht zulässig. Im Ergebnis handele es sich bei der Vereinbarung um ein sozialdemokratisch geprägtes Konzept. Poß warnte seine Partei, die Augen vor dem veränderten Umfeld zu verschließen. Nichtstun brächte das Land nicht weiter. „Wir senken die Steuersätze jetzt, um international ein verträgliches Niveau zu erreichen“, schrieb er.

SPD-Fraktionschef Peter Struck deutete an, dass nach Vorlage des Gesetzentwurfs noch Änderungen möglich seien. Er sagte, nach dem Beschluss des Kabinetts im Frühjahr werde es noch genügend Zeit geben, ausführlich über die Steuerreform zu beraten. Klar sei, dass es anfangs Steuerausfälle geben werde. Es könne keiner abschätzen, wie sich die Senkung der Sätze auf das Aufkommen für die Staatskasse auswirken werde. In der SPD wächst die Sorge, Steuergeschenke für Unternehmen könnten in Zeiten von Nullrunden für Rentner bei den Wählern nicht gut ankommen.

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