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Wirtschaft: SPD-Linke pocht auf Volksaktie bei der Bahn

Annen: „Es bleibt beim Parteitagsbeschluss“

Von Antje Sirleschtov

Berlin - In der SPD droht ein neuer Konflikt um die Teilprivatisierung der Bahn. Mehrere Kritiker des Regierungsvorhabens, die dem linken Spektrum der Bundestagsfraktion zuzuordnen sind, warnten am Mittwoch die Parteispitze vor Lösungen, die den Beschlüssen des Parteitages vom Herbst zuwiderlaufen. „Grundlage der Privatisierungsentscheidung der SPD bleibt der Beschluss des Hamburger Parteitages“, sagte Niels Annen, einer der Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD.

Nach heftigen Kontroversen hatte Parteichef Kurt Beck in Hamburg eine komplette Ablehnung der Privatisierung nur dadurch abwenden können, dass er zur Bedingung für einen Teilverkauf des Bundesunternehmens die Einführung von Volksaktien gemacht hat. Damit sind stimmrechtlose Anteile gemeint, an denen Großinvestoren mutmaßlich geringes Interesse haben. Über alle anderen Privatisierungsmodelle muss – so der Beschluss – sogar ein Sonderparteitag entscheiden.

Diese Bedingung nannte Beck allerdings in seiner Pressekonferenz am zurückliegenden Montag, als er die Einsetzung einer von ihm geleiteten Arbeitsgruppe Bahnreform bekannt gab, nicht mehr. Im linken Parteispektrum wurde das als Versuch von Befürwortern der Bahn-Privatisierung in der SPD, etwa Finanzminister Peer Steinbrück, gewertet, das momentane Debakel um Parteichef Beck dazu zu nutzen, die Teilprivatisierung in der SPD – ohne Volksaktien und Sonderparteitag – zu beschließen. „Niemand tut gut daran, jetzt am Parteitagsbeschluss vorbeizuagieren“, warnte der Privatisierungsgegner Peter Danckert die Parteispitze vor solchen Hoffnungen.

Die Arbeitsgruppe der SPD wird unter Leitung von Parteichef Beck Ende März und Mitte April tagen und entspricht personell einer Arbeitsgruppe der SPD, die sich – mit knapper Mehrheit – bereits vor dem Hamburger Parteitag für ein Volksaktien-Modell ausgesprochen hatte. Selbst diese Hürde für eine Teilprivatisierung der Bahn konnten die Delegierten in Hamburg nur als Kompromiss akzeptieren. Die Mehrheit hätte ohne diesen Kompromiss den Anteilsverkauf untersagt.

Der Privatisierungskritiker Hermann Scheer warnte davor, die Arbeitsgruppe zur Zustimmung für das von Steinbrück und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee erarbeitete Holding-Modell zu nutzen. „Eine Friss-oder-stirb-Methode wird nicht funktionieren“, sagte er. Scheer will Ende März ein Dreisäulenmodell vorlegen, bei dem Infrastruktur und Betrieb der Bahn komplett in Bundeshand bleiben und ein Teilverkauf maximal im Bereich Logistik möglich ist.

Das Holding-Modell sieht dagegen vor, nur die Infrastruktur – also Schienen und Bahnhöfe – in Staatshand zu lassen, während der Betrieb mit bis zu 49 Prozent an die Börse geht. Antje Sirleschtov

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