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Wirtschaft: SPD warnt Grüne: Das Maß ist voll / Rentenstreit belastet Regierungskoalition

BONN (sks). Die Stimmung in der rot-grünen Koalition wird immer gereizter.

BONN (sks). Die Stimmung in der rot-grünen Koalition wird immer gereizter. Der Streit um die Vorschläge von Sozialminister Walter Riester (SPD) zur künftigen Gestaltung der Renten und die Debatte um die Finanzierung des Transrapid haben neue Bruchstellen zwischen den Partnern aufgezeigt. Die SPD-Fraktionsspitze warnte die Grünen am Freitag: "Das Maß ist voll." Sie warf dem Partner vor, sich durch gezielte Indiskretionen auf Kosten der SPD profilieren zu wollen. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Riester zwar "sein Vertrauen" ausgesprochen, sich aber nicht festgelegt, ob er dem Vorschlag zur Pflichtvorsorge folgen will.

Trotz aller Vorbehalte in den Reihen beider Fraktionen blieb der Sozialminister am Freitag bei seinem Plan, eine ergänzende Pflichtvorsorge für das Alter einzuführen. Ob er sich damit durchsetzen kann, hängt nach den Worten von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye von seiner "Überzeugungsarbeit" in den Gesprächen mit den Fraktionen und in den Koalitions- wie Ministerrunden ab, die für die kommenden Tage anberaumt worden sind. Am Sonntag trifft sich die SPD-Fraktion in Bonn zu einer Klausursitzung. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ulla Schmidt sagte dem Tagesspiegel, in der SPD sei die Schaffung einer "zweiten Säule" im Rentensystem unstrittig. Strittig bleibe allenfalls die Lösung im Detail. Ihre Fraktion sei "zu 95 Prozent" mit Riesters Vorschlägen einig.

Dagegen lehnte die vom SPD-Sozialexperten Rudolf Dreßler geführte Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) die Kernpunkte von Riesters Rentenplänen ab. Weder die private Pflichtvorsorge noch das Vorhaben, die Renten in den kommenden zwei Jahren nur nach der Teuerungs- und nicht nach der Lohnsteigerungsrate zu erhöhen, finden die Zustimmung der AfA.

Grünen-Fraktionssprecher Rezzo Schlauch versuchte, den Streit herunterzuspielen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel trat er dem Eindruck entgegen, es gebe eine Koalitionskrise: "Es gibt keine Krise, sondern nur eine überhitzte Debatte" über ein Reformprojekt, "bei dem man wirklich geteilter Meinung sein kann". In der Aufregung werde übersehen, daß sich SPD und Grüne über die Rentenreform "zu 80 Prozent" einig seien. Wenn sich nach dem ersten Diskussionsdurchgang "der Pulverdampf verzogen" habe, werde man zu einem geordneten Ergebnis kommen.

Schröder zeigte sich "überzeugt", daß Riester "ein in sich geschlossenes, nachvollziehbares Konzept" vorgelegt habe. Er zeigte sich zuversichtlich, daß eine Lösung gefunden werde. Berichte aus der Fraktion, die Pflichtvorsorge in Höhe von 2,5 Prozent des Einkommens sei wieder vom Tisch, wurden von Riesters Parlamentarischem Staatssekretär Gerd Andres dementiert. Auch er sprach davon, daß jetzt "Überzeugungsarbeit" geleistet werden müsse.

Ungeachtet aller Beschwichtigungsversuche griffen zuvorderst Finanzminister Hans Eichel und SPD-Fraktionschef Peter Struck die Grünen heftig an. Insbesondere Fraktionssprecherin Kerstin Müller sowie die Finanz- und Haushaltsexperten Christine Scheel und Oswald Metzger hätten vertrauliche koalitionsinterne Gesprächsinhalte an die Öffentlichkeit gebracht und sich so zu profilieren versucht. So könne man in einer Koalition nicht miteinander umgehen, hieß es in der SPD-Fraktionsführung.

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