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Wirtschaft: SPD will Mindestrente garantieren

Wirtschaft und Forscher warnen: Entweder steigen die Beiträge oder die Menschen müssen länger arbeiten

Berlin (ce). Die SPD erwägt kleine Korrekturen an der geplanten Rentenreform. „Wir prüfen eine Klausel, die das Rentenniveau sichert“, sagte SPDFraktionsvize Gudrun Schaich-Walch dem Tagesspiegel. Damit soll sichergestellt werden, dass auf lange Sicht die Renten ein fest definiertes Niveau nicht unterschreiten. Die Wirtschaft warnte vor Verwässerungen. Diese würden zu Beitragssteigerungen führen. Der Rentenexperte Axel Börsch-Supan appellierte an die Politik, das gesetzliche Rentenalter anzuheben, „um Einbußen beim Rentenniveau aufzufangen“.

Schaich-Walch kündigte an, die Rentenversicherungsträger würden an diesem Mittwoch in der Anhörung zum Rentengesetz vor dem Sozialausschuss des Bundestages Vorschläge unterbreiten, wie sich eine Mindestniveau für die Rente garantieren lasse. Bislang ist nur vorgesehen, dass die Politik tätig werden muss, wenn vor 2030 der Beitragssatz von 22 Prozent überschritten wird, nicht aber, wenn ein bestimmtes Rentenniveau unterschritten wird. Rot-Grün wollte mit dem neuen Gesetz die derzeitige Klausel kippen, nach der ein Durchschnittsrentner nach 45 Beitragsjahren mindestens 67 Prozent des Nettolohns erhalten soll. Wie eine neue Klausel aussehen könnte, ist offen.

Bislang ist im Gesetz nur vorgesehen, dass die Altersbezüge nicht gesenkt werden dürfen. Außerdem soll künftig die Rentensteigerung in den neuen Bundesländern immer mindestens so hoch ausfallen wie in den alten Bundesländern. Damit soll dafür gesorgt werden, dass die Schere zwischen Ost und West nicht weiter auseinander geht.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) begrüßte es, ein Rentenniveau festzuschreiben. Dies müsse „verlässlich und berechenbar“ sein und sich „deutlich oberhalb der Sozialhilfegrenze“ bewegen, um vor Altersarmut zu bewahren, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Sozialverbands für die Anhörung. Auch die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Ursula Engelen-Kefer, forderte „ein neues, gesetzlich garantiertes Mindestniveau, um den freien Fall der Rente zu verhindern“. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte jedoch am Dienstag davor, die Wirkung der Rentenreform durch solche Ausnahmeregelungen zu verwässern. Dies würde gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten Beitragssatzsteigerungen provozieren, sagte Hundt.

Der Mannheimer Ökonom Axel Börsch-Supan sagte dem Tagesspiegel, eine Sicherungsklausel könne durchaus „vernünftig“ sein. Ein Rentenbeitrag von 22 Prozent und ein Bruttorentenniveau von 40 Prozent – wie es die SPD jetzt überlegt – seien jedoch nur „kompatibel, wenn die Deutschen kräftig mehr arbeiten als zur Zeit“, sagte der Wirtschaftsprofessor. In der Rente gibt es im Prinzip nur drei Stellschrauben, die verändert werden können: die Höhe der Renten, die Beiträge, sowie die Lebensarbeitszeit.

Das Thema „Rente mit 67“ klammert die Rentenreform jedoch aus. Eine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters von derzeit 65 Jahren, wie sie auch Regierungsberater Bert Rürup für den Zeitraum zwischen 2011 und 2032 vorgeschlagen hatte, ist nicht vorgesehen. Erst im Jahr 2008 soll laut Gesetzentwurf geprüft werden, ob das Rentenalter angehoben werden müsse.

Dabei könnten die Menschen durch längeres Arbeiten ihr Rentenniveau deutlich aufbessern, sagt Rentenexperte Börsch-Supan. Einerseits würden sie sich höhere Rentenansprüche erarbeiten, andererseits auch keine Abschläge hinnehmen müssen, wie sie derzeit beim vorzeitigen Ruhestand fällig werden. „Das würde die Problematik völlig entschärfen“, sagt Börsch-Supan. Prognosen des Statistischen Bundesamtes sagen für die kommenden Jahrzehnte einen weiteren Anstieg der Lebenserwartung der Deutschen voraus. Damit würden die Menschen im Schnitt auch länger Altersbezüge erhalten – ein finanzielles Problem für die Rentenkassen.

Für Gisela Färber, Professorin an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, ist der Verzicht auf eine Anhebung des Renteneintrittsalters ebenfalls „bedauerlich“. Die einzige Möglichkeit, Niveauverluste bei der gesetzlichen Rente zu kompensieren, sei eine Ausweitung der Lebensarbeitszeit, meint die Wissenschaftlerin. SPD-Fraktionsvize Schaich-Walch sieht derzeit aber keine Notwendigkeit, das Thema Rente mit 67 bereits im laufenden Gesetzgebungsverfahren anzupacken: „Darüber werden wir mit Sicherheit nicht diskutieren“, sagte die SPD-Politikerin.

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