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Wirtschaft: SPD wird Telekom-Markt nach der Wahl nicht antasten

DÜSSELDORF .Angst geht um unter den neuen Telefonfirmen.

DÜSSELDORF .Angst geht um unter den neuen Telefonfirmen.Wird die Liberalisierung des Telekommarktes zurückgefahren? Wird ein Kanzler Gerhard Schröder Klaus-Dieter Scheurle aus dem Amt des Präsidenten der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post jagen? Genährt werden diese Befürchtungen fast täglich neu, zuletzt von Kurt van Haaren, dem Vorsitzenden der Deutschen Postgewerkschaft.Haaren bezeichnete Scheurles Regulierungspraxis als "einseitig auf Marktöffnung ausgerichtet".Berichte über einen guten Draht zwischen Telekomvorstand Gerd Tenzer und dem Vizepräsidenten der Regulierungsbehörde, Arne Börnsen (SPD), trägt zur Verunsicherung der neuen Anbieter bei.

Dabei ist es höchst unwahrscheinlich, daß eine SPD-geführte Regierung auf diesem Feld anders als die amtierende Bundesregierung handeln würde.Die Äußerungen aus SPD-nahen Kreisen gegen Scheurle oder gar das Gesetz sind bisher recht schwammig geblieben.Es scheint, daß die Telekom über ihre guten Verbindungen immer wieder den einen oder anderen Politiker für Äußerungen in ihrem Sinne gewinnt.Eine zielgerichtete SPD-Strategie läßt sich jedoch nicht erkennen.So lehnt der SPD-Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping eine Änderung des Telekomgesetzes klar ab.Börnsen meint zwar, daß die Regulierungsbehörde telekomfreundlicher agieren sollte.Das Gesetz aber will er nicht antasten.

Kurzfristig tauchte auch NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement unter den Scheurle-Kritikern auf, aber danach zum Thema Telekom vollständig ab: Zu seinem Image als Modernisierer und zur eigenen Medienpolitik hätte ein Zurückdrehen der Telekomliberalisierung wohl nur schwer gepaßt.Gerade Clement und Schröder, die permanent von Innovation und neuen Arbeitsplätzen in den High-tech-Industrien reden, müßten, wenn sie dies ernst meinen, Scheurle offensiv unterstützen.Denn wenn es eine Reform gibt, die den auch von der SPD als Chance gewerteten Strukturwandel zur Informationsgesellschaft fördert, dann ist dies die Telekom-Liberalisierung.In den vergangenen zwei Jahren wurden 102 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, weitere 91 000 sollen in diesem Jahr hinzukommen.Die Deutsche Telekom baut demgegenüber von 1994 bis zum Jahr 2000 insgesamt 60 000 Stellen ab.

Gerne übernehmen Scheurles Kritiker auch die Argumentation der Telekom sowie der Netzgesellschaften Mannesmann Arcor und Otelo.Danach investieren die vielen kleinen Anbieter nicht in Infrastruktur und hätten darum keinen Anspruch auf die von Scheurle festgelegten Netzzusammenschaltungstarife.Durch häufige Wiederholung wird diese Aussage jedoch nicht richtiger: Auch die kleineren Anbieter kaufen Vermittlungsrechner und Leitungskapazität, um soviel Verkehr wie möglich selbst zu vermitteln.Der Engpaß liegt hier derzeit allein bei der Telekom, die sich nicht in der Lage sieht, kurzfristig die von ihr selbst vehement geforderte Infrastruktur der anderen mit ihrem Netz zu verbinden.Investitionen im dreistelligen Millionenbereich fließen außerdem von angelsächsischen Telekomfirmen (wie Worldcom oder Colt) in neue Glasfasernetze, während städtische Telefongesellschaften wie Netcologne in Köln oder Isis in Düsseldorf neue Ortsnetze bauen.Schneller als in den USA wird in Deutschland auch der Ortsnetz-Wettbewerb in Gang kommen.Wichtig hierfür wird die Entscheidung Scheurles am 30.November über den Preis sein, zu dem die Telekom ihren Wettbewerbern den Telefonanschluß zuhause überlassen muß.Vorläufig beträgt er 20,65 DM.Daß er sich durch neues Nachrechnen in der Regulierungsbehörde stark ändern wird, scheint wenig wahrscheinlich.

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