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Wirtschaft: Spekulationssteuer wird bereits gerichtlich geprüft Bisher zahlen nur die Ehrlichen – Bankgeheimnis ist löchrig

Frankfurt (Main) (ro/dr). Nicht alle Experten in Frankfurt sind empört.

Frankfurt (Main) (ro/dr). Nicht alle Experten in Frankfurt sind empört. Dass die rotgrüne Bundesregierung Aktien-Kursgewinne von Kleinaktionären jetzt ohne zeitliche Einschränkung besteuern und zur Erhebung der Daten von den Banken Kontrollmitteilungen an die Finanzämter einfordern will, beurteilt Commerzbank-Sprecher Thomas Rohberg gelassen. „Das Bankgeheimnis ist ohnehin schon löchrig.“ Im übrigen seien Details der Pläne noch gar nicht bekannt. „Die Spekulationsfrist, in der bisher Kursgewinne versteuert werden mussten, war ohnehin zu lang. Mehr und mehr Anleger haben Gewinne in dieser Phase realisiert und deshalb Steuern gezahlt.“

Selbst entschiedene Kritiker der Pläne, wie Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), räumen ein, dass derzeit angesichts der Kursverluste an der Börse kaum jemand von der Steuer getroffen würde. Und damit der Fiskus kaum Geld einnimmt.

Trotzdem: Bei vielen Bankern und Anlegerschützern ist von einem neuerlichen Schlag gegen die Aktienkultur die Rede. Auch ausländische Anleger würden sich von der deutschen Börse fern halten, glaubt Nieding. Allerdings: Selbst in den USA werden Kursgewinne bei Aktiengeschäften besteuert. Derzeit sind in Deutschland Kursgewinne aus Aktienanlagen zur Hälfte zu versteuern, wenn zwischen Kauf und Verkauf weniger als zwölf Monate liegen und die Freigrenze von 512 Euro überschritten ist.

Dieter Ondracek, der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, begrüßt dagegen die Pläne von Rot-Grün: Eine existierende Steuer gerecht einzutreiben sei besser, als Steuern zu erhöhen oder eine neue Steuer einzuführen. Nach seinen Angaben werden derzeit nur fünf Prozent der eigentlich auf Zinsen und Aktien-Kursgewinne fälligen Steuern gezahlt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte deshalb in einer Entscheidung im Juli die Besteuerung von Spekulationsgewinnen als verfassungswidrig eingestuft, weil nur die Ehrlichen besteuert würden. Der BFH hatte diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Die gerichtliche Klärung könnte aber auf Kontrollmitteilungen hinauslaufen.

Völlig unklar ist auch noch, wie die Banken die geforderten Kontrollmitteilungen erstellen sollen. Der bürokratische Aufwand wäre in jedem Fall immens. Zu klären wäre auch, wie Kursgewinne bei einzelnen Aktien besteuert werden sollen, deren Bestand der Anleger nach und nach aufstockt: Zählt der Kurs der zuerst gekauften Aktien als Basis oder der Durchschnitts-Einstandspreis aller Aktien?

Sorgen um das Bankgeheimnis macht man sich in Frankfurt weniger. Es gilt ohnehin als löchrig. Es ist eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Bank und Kunde. Das Institut soll nicht jedem Beliebigen erzählen dürfen, wie es um die Finanzen des Kunden steht. Das Bankgeheimnis ist in Deutschland nicht gesetzlich verankert. Bisher heißt es allerdings in Paragraf 30a der Abgabenordnung: „Die Finanzbehörden dürfen von den Kreditinstituten zum Zwecke der allgemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen.“ Genau diesen Paragrafen will die Koalition nun streichen.

Klar ist für alle Beobachter in Frankfurt, dass die Regierung bei der Einführung der Steuer auf Aktienkursgewinne vor allem ein Zugeständnis machen muss: Gewinne müssen mit möglichen Kursverlusten verrechnet werden können. Dies hat das Bundesfinanzministerium zwar zugesichert, gleichzeitig aber auch klargestellt, dass die Regelung vorsehe, dass Kursverluste nur mit Einkünften aus Kapitalerträgen und nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden dürfen.

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