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Wirtschaft: Spenden mit Mark und Pfennig

Peter Trenn hätte nichts dagegen, wenn der Euro 2003 wieder verschwinden würde. "Jedes Jahr eine neue Währung.

Peter Trenn hätte nichts dagegen, wenn der Euro 2003 wieder verschwinden würde. "Jedes Jahr eine neue Währung. Das wäre für uns das Beste", sagt der 60-jährige Rentner. Trenn arbeitet als Freiwilliger für das Berliner Unicef-Büro in Charlottenburg. Und dort hat man schon lange vor der Euro-Bargeld-Einführung am 1. Januar den Abschied von der D-Mark zu spüren bekommen. Auf angenehme Weise, natürlich - in Form umfangreicher Spenden. Regelmäßig hat der Unicef-Helfer mit zwei bis vier anderen Freiwilligen bei Keksen und Kaffee in den vergangenen Wochen an einem Tisch gesessen, ausländische Währung in eine Schuhkiste und die D-Mark in ein Zahlbrett eingeräumt. "Seit dem vergangenen Jahr hat sich das Sammelaufkommen fast verdreifacht", sagt ein Sprecher der deutschen Unicef-Zentrale in Köln. 60 Tonnen an europäischem Urlaubsgeld hat die Organisation durch ihre Sammelbüchsen in den diversen Apotheken eingenommen - das sind rund 1,5 Millionen Mark.

Kein Wunder, dass außer dem Uno-Kinderhilfswerk auch alle anderen großen Wohltätigkeitsorganisationen um die restlichen Urlaubsgelder der Deutschen werben. So sind Deutsches Rotes Kreuz und "Brot für die Welt", Terre des Hommes und Misereor, Unicef und deutsches Kinderhilfswerk natürlich mit von der Partie. Besonders werbewirksam ging das Kinderhilfswerk vor, das den Bundesfinanzminister für sich einspannen konnte. Der rief mit der ARD-Lotteriefee Franziska Reichenbacher vor der Kamera die Zuschauer auf, ihre Urlaubsmünzen zu spenden. Mit Erfolg: Die sechseckigen Dosen füllten sich doppelt so schnell wie zuvor.

Den größten Batzen Rest-Urlaubsgeld von der Algarve, aus Paris oder Rom dürfte jedoch das Deutsche Rote Kreuz vereinnahmen, schätzt Burkhard Wilke, der Geschäftsführer vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) in Berlin, das Spenden-Siegel an Wohltätigkeitsorganisationen vergibt. Das liegt auch daran, dass es den Bargeld-Spendern besonders leicht gemacht wird: Man muss sein Geld nur in eine rote Tüte des DRK stecken (siehe Kasten) und wirft diese dann - unfrankiert - in den nächsten Briefkasten. Außerdem kann man sein Restgeld in jeder Post-Filiale loswerden. So kommt es, dass das DRK 300 000 Spendentüten - gefüllt mit Urlaubsmünzen- und -scheinen - zurückerhalten hat. Insgesamt hofft das DRK eigenen Angaben zufolge auf einen "zweistelligen Millionen-Betrag".

Auch "Brot für die Welt" ist mit dem Erfolg seiner Euro-Aktion "Go, Go, Go! Jetzt ummünzen!" zufrieden. Sie seien "absolut überwältigt", sagt ein Sprecher der Wohltätigkeitsorganisation. "Wir haben das Material schon vier Mal nachdrucken müssen." Nicht nur Architekturbüros und Steuerberater haben von "Brot für die Welt" die Sammelbüchsen angefordert, sondern auch größere Unternehmen beteiligen sich an der sinnvollen Verwertung des Urlaubsgeldes - unter ihnen Schering.

Verwertet werden übrigens auf diese Weise nicht nur Restbestände aus früheren Ferien, sondern auch restliche D-Mark-Münzen. Wer sich im nächsten Jahr über das lästige Durcheinander von D-Mark-Kleingeld und Cent im Portemonnaie ärgert, der kann dem schnell ein Ende machen - indem er auch die D-Mark in die Sammelbüchse der Wohltätigkeitsorganisationen steckt. Also auch Anfang des neuen Jahres darf man die alten Mark und Pfennig ruhigen Gewissens in die Sammelbüchsen stecken.

Fälle von Spendenbetrug im größerem Stil sind dem DZI-Geschäftsführer Wilke nicht bekannt. Doch ausschließen will er das grundsätzlich nicht. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich auf der Homepage www.dzi.de informieren. Dort sind die wichtigsten Informationen über rund 2100 soziale Spendenorganisationen zu finden.

Eine Alternative zum Spenden gibt es natürlich auch. Die D-Mark kann bis zum letzten Pfennig in Kaufkraft umgesetzt werden. Und die Urlaubs-Münzen theoretisch bei der Reisebank AG umgetauscht werden. Doch das lohnt sich kaum; schon gar nicht bei kleineren Beständen. Das räumt selbst die Reisebank ein. Denn sie erhebt beim Umtausch einen Abschlag von 30 Prozent. Bleibt die Möglichkeit, die Münzen bei der Notenbank des jeweiligen Landes einzutauschen. Dieser Mühe werden sich freilich die wenigsten unterziehen. Wer fährt schon extra mit seinen paar Franc nach Paris zur Notenbank?

Peter Trenn und seine Kollegen von Unicef werden mit ihren Franc-, Peseta- und Lira-Spenden natürlich auch nicht auf Reisen gehen. Sobald im Frühjahr des kommenden Jahres die Sammelaktion abgeschlossen wird, fahren Kurierdienste die Sammelbüchsen von den Dresdner Bank-Filialen zur deutschen Unicef-Zentrale nach Köln. Und von dort wandert das Geld wiederum nach London - zu dem Unternehmen Coin Corporation International, das für die großen Wohltätigkeitsorganisationen das Geld sortiert.

Karen Wientgen

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