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Wirtschaft: Spielen lernen an der Uni

Weil im Sozialbereich Fachkräfte dringend gesucht werden, bieten Hochschulen laufend neue Studiengänge in diesem Bereich an. Die meisten Angebote sind berufsbegleitende Weiterbildungen. Die Idee: Mehr Männer sollen sich für soziale Berufe entscheiden.

In der Kita, der Altenpflege oder im offenen Jugendtreff – Leute aus dem Sozialbereich werden in den verschiedensten Bereichen gesucht, etwa als Erzieher, Altenpfleger, Sozialarbeiter oder Jugendpädagoge. Erstmals 2008 gehörten die Sozialberufe zu den Top-Fünf der nachgefragtesten Arbeitskräfte, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit ermittelt hat. Damals waren insgesamt 57 000 Stellen sofort zu besetzen.

„Der demografische Wandel und der damit einhergehende wachsende Bedarf an sozialer Betreuung und Beratung älterer Menschen haben ebenso wie der Ausbau der Schulsozialarbeit und der Ganztagsschulen in den letzten Jahren zu einer positiven Arbeitsmarktentwicklung im Bereich der sozialen Arbeit beigetragen,“ sagt Ralf Beckmann, Arbeitsmarktexperte bei der Bundesagentur für Arbeit. So habe die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Bereich stark zugenommen. „Die Nachfrage nach Fachkräften bewegte sich 2013 weiterhin auf hohem Niveau.“

Entsprechend bieten Hochschulen laufend neue Studiengänge rund um die Soziale Arbeit an, die häufig als berufsbegleitendes Lehrprogramm konzipiert sind. Die Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) startet zum Beispiel zum kommenden Wintersemester 2014/15 mit einem neuen Bachelor „Soziale Arbeit & Management“, gleichzeitig soll der Masterstudiengang „Kreativpädagogik & Management“ am Standort Rostock an den Start gehen. An der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie beginnt ab Oktober das Bachelor-Programm „Soziale Arbeit & Diakonie-Pflege“, an der FOM Hochschule wird es erstmals den Bachelor-Studiengang Gesundheitspsychologie & Pflege geben. Damit wollen die Unis nicht nur der steigenden Nachfrage an Fachkräften in ganz unterschiedlichen Fachrichtungen nachkommen.

Die Idee ist auch, durch die Akademisierung mehr Männer für die Arbeit im Sozialbereich zu begeistern. „Im Moment wird zum Beispiel die Arbeit in Kindertagesstätten hauptsächlich von Frauen gemacht. Gibt es mehr Möglichkeiten, in diesem Bereich auch ein Studium abschließen zu können, lassen sich vielleicht mehr Männer davon überzeugen aufgrund der akademischen Weiterbildungsmöglichkeiten", sagt Silke Pfeiffer, Standortleiterin der FHM in Rostock.

Das Master-Angebot „Kreativpädagogik“ sei dabei einzigartig in Deutschland, weil es auf vier verschiedenen Säulen aufbaut: Soziale Arbeit, Kreativkünste, Management und Forschung. Angesprochen sind dabei Berufstätige mit sozialpädagogischem Hintergrund, die sich nach einem Bachelor-Studium weiterqualifizieren möchten. „Nach Abschluss können die Teilnehmer in Kindertagesstätten, Freizeit- oder Ganztagseinrichtungen sowie als kulturell-kreative Begleitung von Senioren arbeiten. Möglich ist auch die kulturelle Bildungsarbeit in Schauspielhäusern und Musiktheatern, Museen und Kunsthallen", so Pfeiffer.

Das Interesse an einem Studium im Bereich Soziale Arbeit ist in den vergangenen Jahren gleichzeitig stark gestiegen. Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland mit einem akademischen Abschluss in de Sozialen Arbeit seit 2003 fast verdoppelt. 150 000 waren es 2003, die einen Fach- oder Hochschulabschluss in der Hauptfachrichtung Kinder- und Jugendarbeit sowie Sozialarbeit und Beratung vorweisen konnten.

2012 war diese Zahl bereits auf rund 287 000 Personen (+91 Prozent) angestiegen. „Die Zahl der Menschen, die in der Sozialarbeit mit hochqualifizierten Aufgaben betraut sind, deren Anforderungsprofil einer akademischen Ausbildung entspricht, fällt sogar noch höher aus: Rund 340 000 Erwerbstätige übten 2012 einen Beruf in der Sozialarbeit, Sozialpädagogik, in der Sozialberatung aus oder nahmen in diesem Feld Leitungsaufgaben wahr“, sagt Beckmann.

So kann sich beispielsweise die Leuphana Universität bei ihren Sozial-Studiengängen nicht über zu wenige Bewerber beschweren. Seit längerem gibt es hier schon den berufsbegleitenden Master Sozialmanagement, seit 2011 ist ein Bachelor „Soziale Arbeit für Erzieher“ für Berufstätige dazu gekommen. Nach Angaben der Uni liegen die Bewerberzahlen stets etwa drei- bis viermal über dem Teilnehmer-Limit pro Jahrgang. Beim Master liegt die Grenze bei 25 Studierenden, beim Bachelor bei 35. „Für unsere Studierenden gibt es häufig schon während des Studiums erste Angebote für Stellen“, erläutert Wolf Paschen, Programmleiter beider Studiengänge. „Für Arbeitgeber besonders interessant ist, dass die Studierenden ihr Studium berufsbegleitend absolvieren. So können sie bereits während des Studiums Theorie und Praxis reflexiv miteinander verbinden.“ Daraus entstehe ein sehr viel höheres Qualifikationsniveau. „Praxis fließt direkt in das Studium und Theorie direkt in die Praxis ein.

Neben der sozialpädagogischen Arbeit spielt auch der Gesundheitsbereich eine äußerst wichtige Rolle. Weil der deutsche Gesundheitsmarkt stark wächst, gelten die Berufsaussichten als exzellent. Neue Studienangebote gibt es etwa von der FOM Hochschule mit einem Bachelor-Studiengang „Gesundheitspsychologie und Pflege“ sowie einem neuen Master „Public Health“. Mit Abschluss des Master-Studienganges sollen die Studierenden in nationalen oder internationalen Gesundheitsinstitutionen und -verbänden, in ambulanten und stationären Gesundheitseinrichtungen, in Krankenkassen oder Versicherungen, in privaten Unternehmen der Gesundheitswirtschaft (z.B. Pharmaindustrie, Rehabilitation) aber auch in Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen oder Beratungsunternehmen des Gesundheitswesens unterkommen. Der neue Bachelor-Abschluss qualifiziert für Management- oder Beratungs-Funktionen von Krankenhäusern,

Mit dem Abschluss der Bachelor Studiengänge Gesundheits- und Sozialmanagement sowie Gesundheitspsychologie und Pflege können die Absolventen in verantwortlichen Management-Funktionen oder Beratungs-Funktionen von Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen oder Medizinischen Versorgungszentren, in der Pharma-Industrie und bei Krankenkassen sowie in Versicherungen und Verbänden in der nationalen Gesundheitswirtschaft arbeiten. „Wir rechnen damit, dass in Zukunft bis zu 20 Prozent der Beschäftigten im Sozialbereich einen einschlägigen Bachelor- oder Masterabschluss besitzen werden“, sagt Christoph Winter, Studienleiter des Master-Studienganges Public Health an der FOM.

Lara Sogorski

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