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Überflieger. Ein Mitarbeiter des Herstellers Parrot steuert mit einem iPad den sogenannten Quadcopter „AR.Drone“, der auf der Spielwarenmesse vorgestellt wird. Foto: dapd

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Spielwarenmesse: Das Kinderzimmer wird digital

Das iPad steuert den Mini-Hubschrauber, Raumstationen arbeiten mit Solarzellen, Stifte erklären die Welt: Die Spielebranche setzt voll auf Elektronik - und ist sehr optimistisch.

Nürnberg - Schon zwei Wochen vor Weihnachten konnte so mancher Händler nur noch entschuldigend mit den Achseln zucken, wenn Kunden nach „Tiptoi“ fragten: Das neue elektronische Lernsystem des schwäbischen Spieleverlags Ravensburger war in vielen Geschäften ausverkauft. Der elektronische Griffel erzählt Geschichten und macht Geräusche, wenn man mit ihm auf die dazugehörigen Bücher und Spiele tippt. Er war der Renner vor dem Fest. Rund 200.000 Stifte hat das Familienunternehmen verkauft – und es hätten wohl noch viel mehr sein können, wäre Ravensburger nicht der Nachschub ausgegangen.

Damit steht Deutschlands bekanntester Spieleverlag nicht allein. Die einheimische Spielwarenindustrie, die sich ab dem heutigen Donnerstag auf der Spielwarenmesse in Nürnberg trifft, erlebt derzeit einen kräftigen Aufschwung. Immer öfter greift die Kundschaft im Regal nach Ware, die von deutschen Marken entwickelt und zum Teil sogar hier hergestellt wird. Dass „Made in Germany“ wieder in ist, liegt daran, dass die Anbieter den Geschmack der Kinder und Eltern treffen. Auch, weil die Hersteller endlich moderne Elektronik in ihr Spielzeug einbauen, ein Feld, das bislang vor allem ausländische Anbieter abgedeckt haben.

So hat Playmobil vergangenes Jahr einige seiner Spielzeugautos erstmals mit Kameras und Fernsteuerung ausgestattet. Dieses Jahr geht das fränkische Familienunternehmen einen Schritt weiter. Unter den Neuheiten gibt es eine Raumstation mit funktionierenden Solarzellen und infrarot-gesteuerten Fahrzeugen. Nach und nach würden die verschiedenen Spielewelten jetzt aufgerüstet, sagt Bernhard Hane, der Entwicklungschef von Playmobil. Playmobil ist vergangenes Jahr um sieben Prozent gewachsen und hat zum ersten Mal mehr als eine halbe Milliarde Euro Umsatz gemacht. Ravensburger konnte genauso stark zulegen und erreichte 2010 Erlöse von 313 Millionen Euro. Sowohl Playmobil als auch Ravensburger produzieren zum größten Teil in eigenen Werken in Deutschland sowie dem europäischen Ausland.

Selbst im hart umkämpften Geschäft mit Plastikfahrzeugen lässt sich mit einheimischer Fertigung punkten. Der fränkische Familienbetrieb Bruder stellt seine kleinen Traktoren, Laster und Mähdrescher aus Kunststoff in seinem Werk in Fürth her – und konnte den Umsatz 2010 um acht Prozent auf 51 Millionen Euro steigern. „Wir sind teilweise sogar an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen“, sagt Inhaber Paul Heinz Bruder.

Selbst Anbieter, die bislang stark auf den Import gesetzt haben, denken um. Weil die Produktion in Fernost immer teurer wird und die Produzenten in China mit Qualitätsproblemen kämpfen, investiert die Fürther Simba Dickie Gruppe in neue Maschinen und Werke in Europa.

Es hat noch andere Vorzüge, hier zu fertigen. Die Händler bestellen immer kurzfristiger. Da hilft es, wenn die Ware nicht mehrere Wochen auf dem Schiff unterwegs ist, ehe sie in den Läden eintrifft.

Die langen Vorlaufzeiten sind Ravensburger bei „Tiptoi“ zum Verhängnis geworden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Produkten der Traditionsfirma kommt der Elektronikstift aus Asien. Dort konnte das Management zu Weihnachten nicht mehr rechtzeitig nachbestellen.

Die Führungsriegen der Spielzeugmarken sind zuversichtlich, dass die Kunden auch weiter in guter Kauflaune bleiben. Playmobil will 2011 fast 60 Millionen Euro in seine Fabriken investieren. Auch Ravensburger-Chef Karsten Schmidt ist zuversichtlich und verspricht für dieses Jahr ein Umsatzplus im unteren einstelligen Prozentbereich. HB

Joachim Hofer

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