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Wirtschaft: Spitzelaffäre der Telekom weitet sich aus

Sicherheitsabteilung des Konzerns soll auch E-Mail-Verkehr zwischen Gewerkschaftern überwacht haben

Berlin/Bonn - Die Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom hat möglicherweise größere Ausmaße als bislang bekannt: Es gebe den Verdacht, dass die Telekom nicht nur Telefonverbindungsdaten ausgewertet, sondern versucht habe, den Meinungsbildungsprozess der Gewerkschaft im zurückliegenden Arbeitskampf auszuspähen und zu beeinflussen. Das schreibt „Der Spiegel“ unter Berufung auf die beiden Rechtsanwälte der Arbeitnehmervertreter im Telekom-Aufsichtsrat, Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der frühere Innenministers Gerhart Baum (FDP).

Hintergrund seien Dokumente, die der Bonner Staatsanwaltschaft vorliegen. Danach habe die Sicherheitsabteilung der Telekom nahezu uneingeschränkten Zugriff auf „alle wesentlichen Daten“ des Konzerns gehabt – offenbar inklusive des E-Mail-Verkehrs. Außerdem lägen den Strafermittlern laut Däubler-Gmelin sehr konkrete Angaben über die Anwendung solch illegaler Methoden vor. Danach verfügte Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke bei einem Gespräch mit Arbeitnehmervertretern im Juli 2006 über Unterlagen, die nur vertraulich per E-Mail an Verdi- Vertreter versandt worden seien.

Baum wird mit den Worten zitiert: „Wir sind sehr misstrauisch geworden, auch, weil wir zunehmend den Eindruck gewinnen, dass bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bisher nur die kleinen Leute und nicht die Auftraggeber im Fokus stehen.“ Laut Staatsanwaltschaft liegen derzeit keine verwertbaren Erkenntnisse über den Missbrauch von E-Mails vor. Man ermittle aber „mit Hochdruck“. In den nächsten Wochen werde eine umfassende Übersicht vorliegen, die Aufschluss darüber gebe, welche Daten wann und von wem erhoben wurden. Es geht dabei den Angaben zufolge auch darum, ob sich der Verdacht gegen den ebenfalls beschuldigten früheren Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel erhärten lasse.

Verdi kritisierte derweil die schleppende Aufklärung der Affäre. Obwohl Telekom-Chef René Obermann Anfang der Woche unter anderem DGB-Chef Michael Sommer und Aufsichtsratsvize Lothar Schröder persönlich informiert hat, von der Telekom bespitzelt worden zu sein, bemängelt Schröder, dass man keine Informationen über Dauer und Ausmaß der Bespitzelung habe. „Wir wissen weder, welche Anschlüsse und Telefonate ausgespäht wurden, noch wie lange die Aktion gedauert hat“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. „Und wieso muss ich von dem Unternehmen von einer neuen Dimension erfahren, das diesen Rechtsbruch vertreten hat? Wieso verständigt der Staatsanwalt nicht als Erstes die Betroffenen?“ dpa/Tsp

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