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Spitzelaffäre: Gerling spioniert Angestellte aus

Der Versicherer Gerling hat vor vier Jahren Telefon- und E-Mail-Daten von Mitarbeitern ausgewertet. Der heutige Mutterkonzern Talanx hält das zwar für "juristisch zulässig" - distanziert sich aber gleichzeitig von derartigen Methoden.

Der Versicherungskonzern Talanx bestätigt, dass Gerling im Jahr 2004 über einen Zeitraum von zehn Tagen Verbindungsdaten dienstlicher Telefone und E-Mail-Accounts mehrerer Mitarbeiter ausgewertet hat. Dabei sei es jedoch nicht um die Inhalte der Anrufe und Mails gegangen, sondern um Nummern und Adressen, teilt das Unternehmen in Hannover mit.

Gerling wollte demnach herausfinden, welcher Mitarbeiter Interna an die Zeitschrift "Capital" verraten hatte, sagte ein Sprecher. Der Mitarbeiter sei aber nicht gefunden worden. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" ("FTD") ging es um einen Artikel vom Februar 2004, in dem "Capital" über gekürzte Betriebsrenten bei Gerling berichtet hatte. 2006 wurde Gerling von Talanx übernommen.

"Sofort nach dem Hinweis der 'FTD' hat Talanx Nachforschungen angestellt, um den Sachverhalt aufzuklären", teilt die drittgrößte deutsche Versicherungsgruppe mit. Eine juristische Prüfung habe ergeben, dass der Zugriff auf die Verbindungsdaten der Mitarbeiter im konkreten Fall zulässig gewesen sei: Es habe der Verdacht bestanden, "dass Geschäftsgeheimnisse von Gerling über dienstliche Kommunikationseinrichtungen an die Presse weitergegeben worden waren".

Serie von Spitzel-Skandalen

Talanx-Chef Herbert K. Haas stellt klar: "Auch wenn wir die Weitergabe von Betriebsinterna verurteilen und die Nachforschungen des damaligen Gerling-Managements juristisch zulässig waren, halten wir solche Untersuchungen für kein geeignetes Mittel." Über den vorliegenden Fall hinaus liegen Talanx nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse über weitere Fälle vor.

Der Vorfall reiht sich ein in eine Serie von Skandalen um deutsche Unternehmen, die Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Journalisten bespitzelt haben. So hatte Lufthansa Anfang 2001 Passagierdaten missbräuchlich genutzt, um Verbindungen zwischen einem Aufsichtsrat und dem damaligen "FTD"-Chefreporter aufzuspüren. Die Telekom räumt ein, dass im Jahr 2005 und wohl auch 2006 widerrechtlich Verbindungsdaten ausgewertet wurden. Ziel war nach Angaben aus Konzernkreisen, herauszufinden, wer die Medien mit vertraulichen Informationen versorgte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den damaligen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und den ehemaligen Vorsitzenden des Telekom-Aufsichtsrates, Klaus Zumwinkel. Ein Talanx-Sprecher wollte sich nicht zu der Frage äußern, warum die Auswertung der Mitarbeiterdaten bei Gerling zulässig gewesen sein soll, während sie bei der Telekom Ermittlungen nach sich zog. (sf/dpa/AFP)

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