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Wirtschaft: Springer geht nicht auf Sendung

Der Verlag weigert sich, den TV-Konzern Pro Sieben Sat 1 zu zerschlagen – und provoziert damit ein Veto des Bundeskartellamts

Berlin - Die Fernsehpläne der Axel Springer AG stehen vor dem Scheitern. Der Springer-Vorstand zog am Montag das Angebot an das Kartellamt zurück, den Sender Pro 7 zu verkaufen. Damit steht fest, dass die Übernahme der gesamten Sendergruppe Pro Sieben Sat 1 von der Wettbewerbsbehörde untersagt wird. Der Bescheid ist für den 27. Januar angekündigt.

Zuletzt hatte das Kartellamt eine vorläufige Freigabe der Fusion signalisiert. Zur Bedingung machte die Behörde allerdings, dass der Sender Pro 7 vor Vollzug der Fusion an einen Dritten verkauft und aus der Sendergruppe ausgegliedert ist. Dies hätte bedeutet, einen Sender zu verkaufen, „bevor dieser uns überhaupt gehört“, so Springer. Um Pro 7 jetzt zu verkaufen, hätte es Verhandlungen mit Noch-Besitzer Haim Saban bedurft. Erst für Montagabend war ein Treffen zwischen Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner und dem US-Investor vereinbart. Eine Woche mehr Zeit für Gespräche über einen neuen Kaufvertrag wollte das Kartellamt aber nicht gewähren.

Der Konzern schlug daher Varianten vor, um auf Basis des geltenden Kaufvertrags die komplette Sendergruppe zumindest für eine „juristische Sekunde“ zu übernehmen. Auf diese Weise hätte der Konzern den Verkauf von Pro 7 eigenverantwortlich betreiben können. Springer soll dem Kartellamt sogar angeboten haben, einen „beidseitig unterzeichneten Vertrag über den Verkauf von Pro 7“ vorzulegen, und bat dafür um eine Woche Verlängerung. Auch das lehnte die Behörde ab.

In dem Telefonat zwischen Klaus Paetow vom Kartellamt, einem Springer-Anwalt und Döpfner soll es daraufhin laut geworden sein. Paetow räumte ein, dass er just im Begriff sei, die vorläufige Freigabe für die Übernahme von ProSieben Sat 1 ohne Pro 7 abzuschicken, und dass er nicht bereit sei, weiter zu verhandeln. Also habe sich Springer gezwungen gesehen, „sofort die Reißleine zu ziehen“. Döpfner zog die Bereitschaft zum Verzicht auf Pro 7 zurück und provoziert nun bewusst eine Untersagung. Um sie zu formulieren, lässt sich das Kartellamt, das am Freitag hätte entscheiden sollen, Zeit bis zum 27. Januar. Anders als zuvor das Kartellamt entsprach Springer nämlich der Bitte der Behörde, die Frist zu verlängern.

Warum Döpfner die vorläufige Freigabe nicht in Kauf nahm, wird intern damit begründet, dass sich Springer dann jeglichen Rechtsweg verbaut hätte, gegen die Forderung zu klagen, Pro 7 vor Vollzug der Fusion zu verkaufen. Zudem hätte Springer riskiert, dass der Vorstand von Pro Sieben Sat 1 von Aktionären verklagt wird. Sie hätten das Management in Haftung nehmen können, weil durch den Verkauf von Pro 7 der Wert des Fernsehkonzerns gesunken wäre.

Nun hat Springer zumindest zwei, wenn auch sehr unwahrscheinliche und theoretische Möglichkeiten, die Fernsehgruppe (mit Ausnahme von Pro 7) zu bekommen: Der eine Weg führt über eine Klage gegen das Kartellamt. Dies zu prüfen, kündigte Springer am Montag an. Die Möglichkeit, eine Ministererlaubnis zu beantragen, schließt Döpfner bislang aus. Seine Haltung, die Politik solle sich aus Medien heraushalten, gelte unverändert, heißt es.

Der andere Weg setzt den guten Willen Haim Sabans voraus. Am Montagabend wollten sich Saban und Döpfner treffen. Zunächst geht es darum, den US-Medienunternehmer davon abzubringen, auf Einhaltung eines Vertragsdetails zu pochen. Demnach müsste Springer ihm vom 23. Januar an täglich Verzugszinsen in Höhe von rund 823 000 Euro zahlen. Schließlich könnte der Springer-Chef Saban anbieten, in Ruhe Pro 7 zu verkaufen und danach mit Springer einen Vertrag über den Kauf der restlichen Sendergruppe auszuhandeln. Damit könnte Springer bei den Medien- und Kartellwächtern erneut Anträge auf Genehmigung einer Fusion stellen.

Am Montag sprach Springer mit Blick auf das Kartellamt von bewussten Schikanen. In einem Schreiben warf Springer der Behörde eine rigide, kompromisslose Haltung vor. Zudem verpasse das Kartellamt „die Gelegenheit, das von ihm beklagte, angebliche wettbewerbslose Duopol auf dem Fernsehwerbemarkt zu beseitigen und den Wettbewerb zu fördern“.

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