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Deutsche Benzinpreise sind hoch, aber vor Steuern die niedrigsten in Europa.

© dpa

Spritpreis: Ramsauers Vorschlag: Von Australien lernen

Bundesverkehrsminister Ramsauer will die Preissetzung an den Tankstellen reglementieren. Fachleute kritisieren den Vorschlag. Die Vorschrift führe zu höheren Preisen, meint der ADAC.

Berlin - So hatte sich Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) das sicher nicht vorgestellt. Für seinen Vorstoß zur stärkeren Regulierung des Benzinmarktes hagelte es am Montag Kritik von Fachleuten und aus der Branche. Der Minister hatte als Reaktion auf die Kraftstoffmarkt-Untersuchung des Bundeskartellamts vorgeschlagen, die Preispolitik der Ölkonzerne einzuschränken.

Der Gesetzgeber müsse versuchen, die Verbraucher vor „willkürlicher Preismanipulation marktbeherrschender Ölfirmen“ zu schützen, sagte Ramsauer der „Bild“-Zeitung und sprach sich für das „australische Modell“ aus. Es zwingt die Tankstellenbetreiber, eine Veränderung der Kraftstoff-Preise einen Tag im Voraus anzukündigen und die Preise dann 24 Stunden lang nicht zu ändern. „Wenn ein Ölmulti den höheren Preis vorher ankündigen muss und ihn dann 24 Stunden nicht mehr verändern darf, wissen die Autofahrer, woran sie sind“, sagte Ramsauer.

In Deutschland können die Konzerne die Preise so oft erhöhen wie sie wollen. Das Kartellamt war in seiner Untersuchung in der vergangenen Woche zu dem Ergebnis gekommen, dass Aral, Esso, Jet, Shell und Total den deutschen Markt beherrschen und die Preise zum Nachteil der Verbraucher diktieren.

Die Branche lehnt Ramsauers Vorschlag ab. „Das australische Modell führt nicht zu niedrigeren Preisen“, sagte Karin Retzlaff, Sprecherin der Mineralölwirtschaftsverbands (MWV). Die Benzinpreise in Deutschland gehörten zu den niedrigsten in ganz Europa – vor den Steuern. „Wenn wir niedrigere Preise wollen, müssen wir an der Steuerschraube drehen“, sagte Retzlaff.

Auch der Automobilclub ADAC wandte sich gegen die Regulierung. „Solche staatlichen Lenkungseinflüsse bringen dem Verbraucher nichts, sie führen eher zu steigenden Preisen“, sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer. Den niedrigsten Preis bringe der Wettbewerb hervor. „Die Autofahrer sollten sich nicht an Marken binden, sondern die günstigste Tankstelle anfahren“, sagte Maurer. Freie Tankstellen etwa seien wichtig für den Wettbewerb.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, übte ebenfalls Kritik. „Gesetzliche Verhaltensauflagen können schnell kontraproduktiv sein: Wenn die Tankstellen den Preis nur noch einmal täglich erhöhen dürfen, schlagen sie gegebenenfalls gleich richtig zu, aus Sorge, später nicht weiter erhöhen zu können“, sagte Haucap. Zudem mache es eine solche Vorgabe viel leichter für die Tankstellen, sich gegenseitig zu überwachen. Haucap sprach sich für ein Entflechtungsgesetz aus, wie es der frühere Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) im vergangenen Jahr angeregt hatte. Es müsse aber keine eigentumsrechtliche Entflechtung sein, sagte Haucap. „Besser wäre es, dafür zu sorgen, dass kleine Anbieter wie die freien Tankstellen, Supermarkttankstellen und regionale Ketten sicheren Zugang zu Raffineriekapazitäten bekommen.“

Unterstützung kam dagegen aus dem eigentlich zuständigen Bundeswirtschaftsministerium. Schon vergangene Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sich ähnlich geäußert wie Ramsauer. „Damit Verbraucher nicht alle fünf Minuten auf den Benzinpreis gucken müssen, werden wir zudem intensiv diskutieren, ob wir den Mineralölkonzernen untersagen, Preise täglich mehrfach zu ändern“, erklärte er. Eine Regelung könne dazu führen, dass die bestehenden Strukturen aufgebrochen werden. Das Bundeskartellamt habe seine volle Unterstützung dabei, freie Tankstellen zu stärken, sagte Rösler. Nun will der Wirtschaftsminister Gespräche mit den betroffenen Ressorts führen. Das Verkehrsministerium zeigte unterdessen auch Sympathie für die österreichischen Tankstellen-Regeln: Dort dürfen die Benzinpreise pro Tag nur einmal erhöht werden, sinken dürfen sie dagegen jederzeit. (mit HB)

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