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Wirtschaft: Staatsanwälte lassen nicht locker Schlussplädoyers im Mannesmann-Prozess

Düsseldorf – Schon nach einer Stunde sind die ersten Anzeichen für Müdigkeit nicht mehr zu übersehen. Viele Zuhörer haben Mühe, dem Vortrag des Herrn Staatsanwalt zu folgen.

Düsseldorf – Schon nach einer Stunde sind die ersten Anzeichen für Müdigkeit nicht mehr zu übersehen. Viele Zuhörer haben Mühe, dem Vortrag des Herrn Staatsanwalt zu folgen. Er redet seit neun Uhr morgens und hämmert die Worte mit der Geschwindigkeit einer Maschinepistole in den Raum. Gelegentlich vermittelt Chefankläger Johannes Puls den Eindruck, als wenn das alles möglichst schnell hinter sich bringen wolle – zumal er das Urteil des Gerichtes voraus ahnt. „Die Kammer hat die Gründe für den Freispruch angegeben", hatte sein Kollege Dirk Negenborn am frühen Morgen dem Plädoyer der Ankläger vorangestellt, um dann hinzuzufügen, „die seitens der Staatsanwaltschaft nicht geteilt werden".

So arbeitet sich Johannes Puls nach diesem Vorspruch erstaunlich mutlos durch seinen vorbereiteten Text. Was die drei Staatsanwälte ausgearbeitet haben, versetzt den Angeklagten an verschiedenen Punkten schwere Schläge. Sie arbeiten minutiös das Geschehen aus jenen entscheidenden Tagen der Übernahmeschlacht zwischen dem ersten und dem vierten Februar des Jahres 2000 auf und glauben, auf diesem Wege den Hauptangeklagten gleich an mehren Stellen nachweisen zu können, die Unwahrheit gesagt zu haben. „Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass sich die Angeklagten der schweren Untreue schuldig gemacht haben", sagt Johannes Puls. Aus seiner Sicht stehen Klaus Esser, der früheren Mannesmann Chef und Joachim Funk, der Aufsichtsratsvorsitzende, besonders im Fokus, aber er widmet sich auch Josef Ackermann, dem Lenker der Deutschen Bank. „Er hatte im Übernahmekampf von Mannesmann und Orange positive Erfahrungen mit Prämien an die Führung des zu übernehmenden Unternehmens gemacht, das hat sich hier fortgesetzt“, urteilt die Staatsanwaltschaft. In der Tat hatten Esser, Funk und Ackermann den Widerstand des britischen Mobilfunkunternehmens Orange wenige Monate vor dem Übernahmekampf mit Vodafone durch kräftige Zahlungen an das englische Management gebrochen und daraus schließen die Ankläger: „Das ist hier das gleiche Muster“. Sie nehmen Ackermann im Übrigen nicht ab, dass er unwissend war. Dass die Prämie für Aufsichtsratschef Funk – die von allen Juristen auf den ersten Blick als rechtswidrig eingestuft wurde – nicht deutschen Regeln entsprach, will Ackermann erst sehr viel später bemerkt haben.

Genau das glauben die Staatsanwälte nicht. „Das war die Prämie für die Befürwortung der Übernahme", analysieren die Ankläger und bringen damit neben Funk, Ackermann und Gewerkschaftschef Klaus Zwickel auch Esser in Bedrängnis. Sie listen auf, dass die Prämie in den entscheidenden Gesprächen mit Vodafone Chef Christ Gent vor der Einigung eine erhebliche Rolle gespielt haben. Gedrängt hatte damals der Großaktionär Hutchison, der sich nur bei einem Verkauf den schnellen Milliarden Gewinn sichern konnte.

Um den Widerstand des Managements zu brechen, so argumentieren die Ankläger, wurden die Prämien über 20 Millionen britische Pfund ins Spiel gebracht. Dass Esser sich nicht daran erinnern konnte, wie sein Kürzel K.E. in ein frühes Verhandlungspapier mit Gent kommt, in dem die Begünstigten genannt werden, werten die Staatsanwälte als glatte Lüge des überaus akribischen Managers. Nicht nachvollziehbar ist für die Ankläger auch, warum Esser und einige seiner Kollegen so viel Geld gekommen haben.

Die Staatsanwälte erinnern an seinen Dienstvertrag, der während der Übernahmeschlacht mit Blick auf die Abfindung verbessert wurde; ohne dass eine Prämie enthalten war. „Sie haben aber den Übernahmekampf verloren, also ihr Ziel nicht erreicht", fragt der Staatsanwalt, „und für weniger Leistung sollten sie plötzlich so viel mehr Geld bekommen?“ Spätestens hier wird klar: Sowohl für Esser, aber auch für Funk werden den Ankläger morgen Haftstrafen beantragen, selbst Josef Ackermann muss damit rechnen. Die Ankläger wiederum wissen, dass sie das Gericht damit nicht erreichen werden – und denken schon jetzt nur noch an die nächste Instanz.

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