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Staatsbankrott: Griechen streiken gegen Sparkurs

Griechenland Premier Papandreou sieht sein Land "am Rand des Abgrunds" und verordnet einen harten Sanierungskurs. Seine Staatsbediensteten halten den für "Sozialraub" und gehen auf die Straße. Doch das könnte nur der Anfang sein.

Leere Klassenzimmer, geschlossene Rathäuser, verwaiste Flughäfen, Protestmärsche in Athen: Hunderttausende griechische Staatsbedienstete haben am Mittwoch mit einem Streik gegen die Sparbeschlüsse demonstriert, mit denen die sozialistische Regierung die zerrütteten Staatsfinanzen konsolidieren und die Gefahr eines Staatsbankrotts bannen will. Auch die Fluglotsen beteiligten sich an dem Streik. Der griechische Luftraum blieb deshalb komplett gesperrt, hunderte Flüge wurden annulliert.

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden am heutigen Donnerstag in Brüssel über Auswege aus der Schuldenkrise beraten. Doch Juristen warnen die Bundesregierung vor einem Rettungspaket. Berlin dürfe Griechenland nicht unter die Arme greifen, da Finanzhilfen klar gegen EU-Recht verstoßen. Das geht aus einem internen Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hervor, das dem „Handelsblatt“ vorliegt. Die Juristen schließen im Gutachten nicht nur jede Form der Finanzierung des griechischen Haushalts durch die EZB und die nationalen Zentralbanken aus. „Auch ein Mitgliedstaat darf nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierung eines anderen Mitgliedstaates haften oder dafür eintreten“, schreiben die Juristen.

Dann wäre Griechenland auf sich allein gestellt. In Athen demonstrierten die Menschen mit Sprechchören und Spruchbändern gegen „Sozialraub“ und „Steuer-Tsunami“. Für kommenden Mittwoch hat der Gewerkschaftsbund GSEE zu einem Generalstreik aufgerufen. Die Resonanz dürfte zeigen, wie viel Widerstand oder Unterstützung die Sparpolitik wirklich findet.

Unmittelbar betrifft das Sparprogramm, mit dem das Haushaltsdefizit in den kommenden drei Jahren von 12,7 auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden soll, vor allem die rund eine Million Staatsdiener. Inzwischen hat die Regierung aber auch ihre Steuerpläne konkretisiert. Der Spitzensteuersatz von 40 Prozent, der bisher für Einkommen über 75 000 Euro fällig ist, greift künftig ab 60 000 Euro jährlich. Das neue Steuerrecht bietet auch mehr Handhabe gegen Steuerhinterziehung. Sie erreicht nach Expertenschätzungen rund 30 Milliarden Euro im Jahr – und entspricht damit ziemlich genau dem Haushaltsdefizit 2009. Deshalb soll das Land mit einem lückenlosen Netz von Registrierkassen überzogen werden. Vor allem Ärzte und Rechtsanwälte sollen gezwungen werden, Quittungen auszudrucken.

So tiefe Einschnitte, wie sie unter dem Druck der Krise jetzt der sozialistische Premier Giorgos Papandreou seinem Land zumutet, hat in den vergangenen Jahrzehnten keine Regierung gewagt. Papandreou sieht das Land „am Rand des Abgrunds“, wirbt um Unterstützung für seinen Kurs und mahnt die Griechen: „Entweder wir ändern uns, oder wir gehen alle miteinander unter!“

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