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Wirtschaft: Staatsbesuch Chatamis: Die Visite soll den deutsch-iranischen Handel beleben

Der Besuch von Mohammed Chatami in Deutschland weckt Hoffnungen in der deutschen Industrie: Wenn heute zum ersten Mal seit 33 Jahren ein iranisches Staatsoberhaupt für zwei Tage nach Berlin kommt, könnte dies den deutsch-iranischen Außenhandel anstoßen. Dieser Meinung ist auch Werner Schoeltzke, Vorsitzender des Nah- und Mittelostvereins.

Der Besuch von Mohammed Chatami in Deutschland weckt Hoffnungen in der deutschen Industrie: Wenn heute zum ersten Mal seit 33 Jahren ein iranisches Staatsoberhaupt für zwei Tage nach Berlin kommt, könnte dies den deutsch-iranischen Außenhandel anstoßen. Dieser Meinung ist auch Werner Schoeltzke, Vorsitzender des Nah- und Mittelostvereins. Die Wirtschaftsbeziehungen sind besonders am Dienstag ein Thema. Dann soll Chatami Bundeswirtschaftsminister Werner Müller begegnen und zudem im Haus der Deutschen Wirtschaft mit Unternehmern sprechen. Aus informierten Kreisen ist zu hören, dass dabei auch eine Kooperation zwischen der iranischen National Petrochemical Company (NPC) und einem Konsortium aus deutschen Banken angekündigt werden soll.

Diese haben nach Angaben von Schoeltzke gegenüber dem Tagesspiegel vor kurzem vereinbart, Projekte im Wert von mehr als einer Milliarde Mark zusammen abzuwickeln. Die deutschen Banken sollen die Kredite gewähren, damit die NPC neue Anlagen im Iran bauen kann. Von den dabei entstehenden Aufträgen würden auch deutsche Anlagenbauer profitieren. Michael Fuchs, Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), spricht von einer "echten Chance zur Eröffnung neuer Perspektiven" für beide Länder. Ohnehin sehen die Zahlen seit neuestem gut aus: Zum ersten Mal seit 1992 ist das Handelsvolumen zwischen dem Iran und Deutschland wieder gestiegen. Nach Angaben des BGA haben im ersten Quartal 2000 Ausfuhren und Einfuhren um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugenommen: auf gut 880 Millionen Mark. Das bessere Handelsklima ist nicht nur dem hohen Ölpreis zu verdanken, sondern auch Chatamis wirtschaftspolitischem Kurs, den die deutsche Industrie einhellig begrüßt.

Seit 1992 hatten sich die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen kontinuierlich verschlechtert. Damals belief sich das Handelsvolumen zwischen Deutschland und dem Iran noch auf rund neun Milliarden Mark, 1999 waren es nur noch 3,1 Milliarden Mark - der tiefste Stand seit über 20 Jahren. Dabei ist das wirtschaftliche Band zwischen Deutschland und dem Iran stark. Seit der islamischen Revolution im Jahre 1979 ist Deutschland der wichtigste Lieferant des Iran. Am meisten exportieren die Deutschen dorthin Waren aus der Maschinenbauindustrie (1999 waren es 28 Prozent), aber auch elektronische Erzeugnisse sowie Chemieprodukte und Autos sind von Bedeutung. Besonders für die petrochemische Industrie ist der Iran interessant, wo es neben Öl auch Gas gibt.

Nach Deutschland liefert der Iran wiederum Gewebe aus Wolle und anderen Tierhaaren (besonders Teppiche), die 42 Prozent aller Exporte ausmachen, ferner Nahrungsmittel und Rohöl. Wesentlich für den stagnierenden Handel waren der niedrige Ölpreis und der tiefe Dollarkurs Anfang der 90er Jahre gewesen, die den Iran in Zahlungsschwierigkeiten brachten. Die iranische Regierung bestreitet 50 Prozent ihres Budgets aus Öl-Erlösen. Im Laufe der kommenden Jahre trübten auch politische Unstimmigkeiten das wirtschaftliche Klima.

Mit dem politischen Tauwetter im Iran interessieren sich mehr deutsche Unternehmer für Projekte im Iran, wie Schoeltzke sagt. Er plädiert dafür, die Hermes-Bürgschaften wieder zu erweitern. Ausgeschlossen ist das nicht. Schon im März 2000 haben der Iran und die Bundesregierung vereinbart, wieder Hermes-Bürgschaften in Einzelfall-Entscheidungen für Geschäfte bis zu einer Größenordnung von 50 Millionen Mark zu vergeben. Aus regierungsnahen Kreisen ist zu hören, dass die Bundesregierung daran denkt, den Rahmen zu erweitern. Immer wieder hatten sich Unternehmen darüber beklagt, dass es in Deutschland nicht genug Finanzierungsmöglichkeiten für Geschäfte mit dem Iran gebe. Deswegen hätten die Deutschen "lange nur Ersatzteile geliefert, während Italiener oder Franzosen die großen Maschinen bauten, weil sie diese auch finanzieren konnten", sagt Schoeltzke, der selbst als Geschäftsführer der Ferrostahl-Tochter Fritz Werner seit vielen Jahren mit dem Iran Geschäfte betreibt. Um den Handel zu beleben, plant der Nah- und Mittelost-Verein zusammen mit dem BGA eine deutsche Unternehmerdelegation zu organisieren, die in diesem Herbst zur Teheran-Messe reisen soll.

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