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Japan hat schon erlebt, was Europa noch bevorsteht.

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Staatsverschuldung: Japan zeigt den Weg

Alles eine Frage des Blickwinkels: Aus japanischer Sicht ist der Schuldenberg der Euro-Länder geradezu lächerlich klein. Was lernen wir daraus? Ein Ökonom aus Tokio blickt in die Zukunft der Euro-Zone.

Ökonomen sind eine besondere Spezies. Einerseits stellen sie gern Theorien auf, wie sich in der Wirtschaft was wohin bewegt und warum und warum nicht anders. Und zwar ziemlich viele davon, die oft sehr anregend, aber nicht immer auf einen Nenner zu bringen sind. Andererseits haben sie die aktuelle Krise meist nicht vorhergesehen, und im Nachklapp sind die Vorschläge nun natürlich wieder sehr vielfältig. Ohne Ökonomen aber geht es auch nicht. Was das Voraussehen angeht, könnte Richard Koo helfen. Der Ökonom aus Tokio war am Wochenende Gast bei einem Symposium deutscher Wissenschaftler, die im Rahmen der Berlin-Brandenburgischen Akademie ein Projekt mit dem Titel „Staatsschulden in der Demokratie“ betreibt.

Die simple These von Koo, was die Finanz- und Schuldenkrise in Westeuropa und den USA betrifft: Das alles hat es in Japan schon gegeben. Nur etwa 15 Jahre früher. Die Japaner erlebten um 1990 eine mächtige Blase, sogar zweifach, im Immobilienmarkt und an den Börsen. Vom Platzen dieser „bubble“ hat sich das Land bis heute nicht erholt. Das Problem Japans laut Koo war eine besondere Reform der Rezession, die daraus resultierte, dass die hochverschuldeten Unternehmen sich nach dem Platzen der Blase jahrelang massiv entschuldeten und nicht mehr investierten. Die Privathaushalte wiederum neigen seither zum zähen Sparen (wie Deutsche oder Italiener auch). Der Privatsektor fiel damit als Stimulanz aus. So musste der Staat aktiv werden. Und zwar über Jahre hinweg, eigentlich bis heute, um die Wirtschaft vor dem Abkippen zu bewahren. Das Ergebnis sind weit mehr als 200 Prozent Staatsschulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, die höchsten aller Industrieländer – und nur tragbar, weil die Auslandsschulden gering sind und die Gläubiger meist in Japan sitzen.

Koo hat nun entdeckt, dass in den USA, in Großbritannien, Spanien, Portugal und Irland (all diese Länder erlebten massive Kreditblasen am Immobilienmarkt) sich ähnliche Szenarien abspielten wie einst in Japan. Auch in Griechenland stiegen die Hauspreise deutlich. Nach dem Platzen der Blase begann der Privatsektor (Unternehmen und Bürger), sich drastisch zu entschulden. Bankenprobleme kamen, wie in Japan, zwangsläufig dazu.

Die Konsequenz wird daher sein: Die betroffenen Staaten werden noch jahrelang aushelfen müssen, was die Verschuldung treibt. Deutschland ist als Exportland und über den Euro natürlich mitbetroffen. Andererseits aber profitieren wir als Krisengewinnler auch. Denn die Südeuropäer machen nicht, was die Japaner taten (und die Amerikaner tun): Sie geben ihr Geld nicht ihren Staaten, sondern investieren in deutsche Bundesanleihen. Ohne Währungsrisiko, zu Minimalzinsen, obwohl sie im eigenen Land deutlich mehr bekämen. Der Wirtschaftsweise Lars P. Feld beziffert den Zinsvorteil für die deutschen Etats in den vergangenen beiden Jahren auf 20 Milliarden Euro. Dabei müssen sich weder die deutschen Unternehmen noch die Privathaushalte massiv entschulden. Sie sitzen auf Geld, das investiert werden kann. Das muss man bedenken, wenn man die Gesamtsituation Europas anschaut. Die eigentliche Lehre aber ist vielleicht: Man sollte Kreditblasen vermeiden. Das ist bei uns bisher gelungen.

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